Unbekannter Maler: Der Mann mit dem Ring
Die Furcht vor der Hochzeitsnacht
Wie viele Männer des 15. und 16. Jhs. hatte vielleicht auch dieser Mann im Bild, der sich durch den Ring in seiner rechten Hand als Bräutigam zu erkennen gibt, Angst vor der Hochzeitsnacht gehabt. Denn Zauberer, Hexen und Dämonen, so wurde überall erzählt, verhinderten für kurze oder auch für längere Zeit den Geschlechtsverkehr der jungen Eheleute, indem sie während der Trauungszeremonien Knoten in ihre Nesteln (= Hosenbänder) knüpften oder irgendein Schloß zuklappen ließen. Entgehen konnte man dieser bösen Zauberei nur, wenn man entweder die Trauung geheim hielt oder einen Ring trug, an dem das rechte Auge eines Wiesels eingefaßt worden war. Wenn jedoch bereits die Knoten geknüpft worden waren, versuchte der nun impotente Mann durch folgende „Weisheiten“, die Zauberwirkung aufzuheben:
- Er ließ sein Wasser fortan nur noch durch den Ehering.
- Er forderte seine Braut auf, ihr Geschäft in einem seiner Schuhe zu verrichten. Durch den Geruch würde er dann von seiner "Schwachheit" befreit werden.
- Er beräucherte sich mit dem Zahn eines toten Menschen.
- Er verspeiste einen Grünspecht.
Ratschläge solcher und ähnlicher Art gab es reichlich. Schließlich beschäftigte sich auch die Geistlichkeit ernst- und gewissenhaft mit diesem Impotenzproblem. So verkündeten die dominikanischen Inquisitoren, Heinrich Institoris und Jakob Sprenger, über die Hexen, die den Männern ihren Penis wegzaubern konnten, Folgendes:
„Was endlich von denjenigen Hexen zu halten sei, die bisweilen solche Glieder in namhafter Menge, zwanzig bis dreißig Glieder auf einmal, in ein Vogelnest oder einen Schrank einschließen, wo sie sich wie lebende Glieder bewegen und Futter nehmen, wie es von vielen gesehen ist und allgemein erzählt wird, so ist zu sagen, daß alles dies durch teuflische Handlung und Täuschung geschieht, denn also werden in der angegebenen Weise die Sinne der Sehenden getäuscht. Es hat nämlich einer berichtet, daß, als er das Glied verloren und er sich zur Wiedererlangung seiner Gesundheit an eine Hexe gewandt hatte, sie dem Kranken befahl, auf einen Baum zu steigen und ihm erlaubte, aus dem Neste, in dem sehr viele Glieder lagen, sich eines zu nehmen. Als er ein großes nehmen wollte, sagte die Hexe: ‚Nimm das nicht!‘ und fügte hinzu, es gehöre einem Geistlichen!“ (in: Max Bauer: Liebesleben in deutscher Vergangenheit, Berlin 1924, S. 363)