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Begegnungen mit Zeitgenossen der Renaissance

Hans Holbein der Ältere: Bildnis des Anton Fuggers, 1510

Anton Fugger
Bildnis des Anton Fuggers, 1510

Der König der Kaufherren Europas: Anton Fugger

Anton Fugger wurde als dritter und jüngster Sohn von Georg Fugger (1453-1506) und seiner Gattin, der Nürnberger Patrizierstochter Regina Imhoff, im Jahre 1493 in Nürnberg geboren. Und damit gehörte er zu einer Familie, die es in wenigen Generationen vom Weber zur reichsten Familie der Welt gebracht hatte. Sein Onkel, Jakob der Reiche (1459-1525) (Abb. 148), war der größte Handelsherr seiner Zeit. Denn er hatte das europäische Monopol auf Erz, Gold, Eisen, Blei, Zinn, Zinnober, Silber und das Weltmonopol auf Kupfer inne. Außerdem besaß er um 1500 die größte Bank Europas, und Kaiser, Könige, Päpste und fürstliche Herren waren mit hohen Geldbeträgen bei ihm verschuldet. Der politische Aufstieg der Habsburger wäre z.B. ohne die finanzielle Hilfe der Fugger nicht möglich gewesen. Kaiser Maximilian I. († 1519), der wegen seines chronischen Geldmangels auch „Herr Wenigpfennig“ genannt wurde, wurde großzügig mit Fuggerschen Geldern versorgt, und sein Enkel, Karl V., wäre ohne das Bankhaus Fugger vielleicht nie zum deutschen König und römischen Kaiser gewählt worden. So schrieb Jakob Fugger (der Reiche) 1523 nach Spanien: „Es ist auch wissentlich und liegt am Tage, daß Euere Majestät (Karl V.) die römische Kron ohne mich nicht hätte erlangen mögen ... “ (in: Gertrude von Schwarzenfeld: Karl V. - Ahnherr Europas, Hamburg 1954, S. 189).

Jakob Fugger der Reiche
Abb. 148: Jakob Fugger der Reiche
Jakob Fugger der Reiche und Sibylla Artzt
Abb. 149: Das Hochzeitsbild von Jakob Fugger dem Reichen und seiner Gattin, Sibylla Artzt, 1498

Für Anton Fugger gab es als Mitglied der Fugger-Familie keine Berufsalternative. Wie seine Brüder und männlichen Verwandten hatte er Kaufmann zu werden. So verbrachte er seine Lehrjahre bei seinem Onkel Jakob, der ihn wie einen gewöhnlichen Gehilfen behandelte und schonungslos von einem Ort zum anderen versetzte. Immerhin lernte er auf diese Weise Städte wie Augsburg, Breslau, Krakau, Wien, Budapest, Rom, Schwaz, um nur einige seiner Wirkungsstätten zu nennen, kennen. Das Verhältnis zum Onkel blieb zwar zeitlebens kühl, aber Anton stand immerhin in dessen und in dessen Gattin, Sibylla Artzt (Abb. 149), Gunst, die selbst keine eigenen Kinder besaßen. So stieg er im Jahre 1519 zum Leiter der vatikanischen Fuggerniederlassung auf und wurde dort dank seiner hervorragenden Dienste von Papst Leo X. höchstpersönlich mit Ehren wie dem Titel "Päpstlicher Ritter, Hof- und Pfalzgraf" und anderen Auszeichnungen versehen. Schließlich gelang es Anton nach dem Tode seines Onkels im Jahre 1525 als dessen fähigstem Neffen, laut des Testamentes von Jakob dem Reichen zu dessen Nachfolger in allen Ämtern und Gewalten des Fuggerhauses aufzusteigen. 1526 erhielt er zudem noch die Grafenwürde, und 1527 heiratete er Anna Rehlinger, die ihm vier Söhne schenkte: Markus (1529-1597), Johannes (1531-1598), Hieronymus (1533-1573) und Jakob (1542-1598). 1532 erkannten ihn schließlich sein Bruder Raymund (1489-1535) (Abb. 150) und sein Cousin Hieronymus Fugger (1499-1538) in einem neuen Gesellschaftsvertrag als Oberhaupt der Firma an.

Raymund Fugger, 1508-12
Abb. 150: Raymund Fugger, 1508-12

Von seinen Zeitgenossen wurde Anton Fugger als Realist, zäher Unternehmer, als kaufmännisch hochbegabt, sehr diszipliniert, ehrgeizig und autoritär beschrieben. Seine Vorliebe für die Kunst und die Wissenschaft war allgemein bekannt. Im Alter wurde er jedoch starr und aggressiv hart. Obwohl er von zarter Natur gewesen sein soll, ließ er sich nicht so leicht unterkriegen. Im August 1533 geriet er, als Augsburg protestantisch geworden war, als Katholik für kurze Zeit ins Gefängnis. Nach seiner Haftentlassung floh er nach Weißenhorn, wo er bis zu seinem Lebensende verbleiben sollte.

Anton Fugger führte die seit zwei Generationen bestehende Symbiose mit dem Hause Habsburg weiter. So verdankte Ferdinand I., der Bruder Karls V., der Fuggerschen Finanzkraft seine Herrschaft in Böhmen und seine Teilherrschaft in Ungarn. Die Fugger finanzierten zudem in Italien die Kriege Karls V. gegen den französischen König Franz I. und in Ungarn die Kampfhandlungen Ferdinands I. gegen die Türken. Außerdem ermöglichten sie die Kaiserkrönung Karls V. in Bologna, die deutsche Königswahl Ferdinands I. und die Durchführung des Augsburger Reichstages von 1530. Und durch ein Dokument kann sogar nachgewiesen werden, daß sie die Mitgiftkosten zumindest einer österreichischen Erzherzogin bestritten haben. Für all diese Dienste erhielten die Fugger im Jahre 1534 durch eine kaiserliche Goldbulle von den Habsburgern - sozusagen als Gegenleistung - das Privileg der eigenen Münzprägung.

Im Laufe der Jahre betrieb Anton Fugger schließlich Kupfer-, Tuch-, Edelmetall-, Währungs- und Wechselgeschäfte in Deutschland, Österreich, Schlesien, Polen, Ungarn, Siebenbürgen, in Oberitalien, Rom und Neapel, in den Niederlanden, in England, Portugal, Spanien und in Übersee (Peru-Chile, Afrika und Asien). Auch mit Edelsteinen, Perlen, Korallen, Pelzen, einfachen Fellen, Salz, hochbegehrten Gewürzen, Weinen, Gold, Papageien, seltenen Katzen, Hunden und Rassepferden wurde im Hause Fugger Handel getrieben. Spätestens seit 1536 war Anton zudem an der Einfuhr von schwarzen Sklaven als Arbeitskräften nach Amerika beteiligt.

Anfänglich schien unter ihm als neuem Oberherrn im Hause Fugger alles in bester Ordnung zu sein. Doch die Überbeanspruchung durch das habsburgische Erzhaus und dessen Nichtbereitschaft, die hohen Schulden zu begleichen, begann die Fuggersche Firma bereits in den 30er Jahren sehr zu schwächen. Aber die Habsburger verlangten noch weitere finanzielle Hilfeleistungen.

Schon einmal hatten in der Fuggerischen Geschichte geschäftliche Verbindungen mit dem Erzhaus das Ende eines Familienzweiges bedeutet. Ein Onkel und ein Cousin von Jakob dem Reichen – die Fugger vom Reh genannt –, hatten Kaiser Maximilian I. um 1489/90 Geld zur Entlöhnung habsburgischer Soldtruppen in die Niederlande gesandt, von dem sie nie etwas zurückerhielten. Die Fugger vom Reh hörten daraufhin zu existieren auf. Anton wollte diesem Schicksal entgehen. So versuchte er den Schwerpunkt seines Wirkens über den Kanal nach England zu verlegen, um dadurch seine Unabhängigkeit in kaufmännischen Entscheidungen wiedererlangen zu können. Mit dem englischen König Heinrich VIII. boten sich außerdem aussichtsreiche Geschäfte im Erz- und Tuchhandel an. Aber dem Kaiser gefielen Antons Handelspläne nicht im geringsten. Schien sich doch seine Geldquelle „Anton“ aus dem Staub machen zu wollen, und so erließ er in den 40er Jahren schließlich eine Goldexportsperre, damit die Fugger zumindest ihre Goldvorräte nicht weiterhin ins Ausland transferieren konnten.

Der Druck der Habsburger auf die Fugger nahm dermaßen zu, daß Anton schließlich 1546/47 sogar mit dem Gedanken spielte, die Firma durch Auszahlung aller Teilhaber aufzulösen, was den Habsburgern natürlich wieder nicht recht sein konnte. Zudem versuchte Anton das Familienvermögen aus dem Handel und dem Bankwesen in Großgrundbesitz, also immobile Werte, umzuschichten. So entfernte er fortlaufend Kapitalien aus dem Handel und legte sie in Gütern, Wäldern oder Stadthäusern an und kaufte Herrschaften in der Schweiz und am Bodensee. Dies wiederum zog ihm die besondere Feindschaft Ferdinands I. zu, der bei den Fuggern sogar das Briefgeheimnis brach, um irgendetwas in die Hände zu bekommen, das ihn eventuell berechtigte, gegen diese Firma rechtlich vorgehen zu können.

Als es Anton im Jahre 1552 trotzdem gelang, Geld nach England zu transferieren, um zumindest einen Teil des Firmenvermögens außerhalb der Reichweite des Erzhauses zu wissen, kam es fast zum Bruch mit Ferdinand I.. Anton, dem es schon seit einiger Zeit gesundheitlich nicht besonders gut ging, versuchte sich jedoch, weiterhin gegen die Habsburger zu wehren, bis er am 14.9.1560 verstarb. Seinen Kindern und Neffen hinterließ er ein gewaltiges Vermögen, das selbst das seines Onkels, Jakob des Reichen, übertraf. Da er seine Söhne und Neffen aber zu lange von der Mitverantwortung an den Handelsgeschäften ferngehalten hatte, war nach seinem Tode der Untergang des Fugger-Hauses bereits vorauszusehen.


Lesetipps:

Ausflugstipp: Die Fuggerei in Augsburg

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