Enkhuizener Meister: Bildnis eines sechsjährigen Mädchens, 1594
Frauenmode in der zweiten Hälfte des 16. Jhs.
Auch in der Mode der reichen und adligen Frauen und Mädchen war der spanische Hof tonangebend. Die Frauen wurden durch ihre Kleidung jedoch noch mehr als die Männer in eine leblose Enge und Steifheit gezwungen (Abb. 297). Denn die natürlichen Formen des weiblichen Körpers sollten völlig negiert werden. Reifröcke und Korsetts stilisierten den Ober- und Unterkörper der Frauen und der Mädchen zu geometrischen Dreiecken. Zuweilen bestanden die Korsetts nicht nur aus Eisen- und Fischbeinstäbchen, sondern wurden noch zusätzlich mit Bleiplatten versehen, damit jegliche Wölbung des Busens niedergedrückt werden konnte. Von Jugend auf getragen, sollte es die Entwicklung der weiblichen Brust, die als unschön galt, verhindern. Das Kleid, das bis zum Boden reichte, ließ auch keinen freien Hals mehr zu.
Das sechsjährige Mädchen hier im Bild, das mit dem Fruchtbarkeitssymbol „Kirsche“ versehen wurde, stammte aus dem nördlichen Teil der Niederlande, wo der spanische Einfluß und somit auch die spanische Mode aus politischen Gründen nicht so stark wirkten. Zwar wurden auch hier die Krausen über alles geliebt, aber auf die übermäßige Schnürung der Taille, auf Korsett und Reifrock verzichtete man.