Unbekannter Maler: Männliches Bildnis, 1497/98
Die Rechte des Mannes
Im Mittelalter wie in der Renaissance nahm der Mann dank der Kirche die führende Rolle in der menschlichen Gesellschaft ein. So wurden nur die Jungen – nicht die Mädchen – im Alter von 12 bis 15 Jahren für mündig erklärt, d. h., sie wurden regierungs-, waffen-, rechts- und heiratsfähig. Als Hausherren besaßen die Männer sowohl die personenrechtliche Gewalt über sämtliche Familienmitglieder als auch die sachenrechtliche Verfügungsgewalt über den gesamten Familienbesitz. Das bedeutete, daß nur sie ihre unmündigen Ehefrauen und Kinder vor Gericht z.B. in Erbangelegenheiten rechtlich vertreten konnten. Andererseits mußten sie jedoch auch für die Vergehen ihrer Familienangehörigen geradestehen. In der Normandie und in der Bretagne konnte man vor Gericht den Ehemann für die Straftaten von dessen Frau verantwortlich machen. Die volle Wucht des Gesetzes traf hier nur das männliche Geschlecht.
Da nur der Mann uneingeschränkt rechts-, geschäfts- und vermögensfähig war, verwaltete er allein die Besitztümer seiner Gattin und seiner Kinder. Außerdem stand ihm zumindest im Früh- und Hochmittelalter das Recht zu, im Falle echter Not seine Familienangehörigen zu verkaufen, und falls berechtigte Gründe vorlagen, zu töten.
Damit es zwischen dem Vater und seinen mündig gewordenen Söhnen zu keinen Reibereien kam, galt die Regel, daß sich die mündigen Söhne solange der Muntgewalt des Vaters, wenn auch eingeschränkt, zu fügen hatten, bis sie das elterliche Haus verließen.