Hans Holbein der Ältere: Bildnis des Gesellen Zimprecht Rawner
Das Leben als Geselle
Das Leben als Geselle im 15. und 16. Jh. war alles andere als leicht. 12 - 16 Stunden Arbeit am Tag waren normal. Der Lohn fiel dabei jedoch so gering aus, das er zuweilen kaum zum Überleben reichte. Außerdem war man als Geselle gezwungen, die Nächte im Hause des Meisters zu verbringen. Und Eheschließungen waren ebenfalls ausdrücklich verboten. So versuchte natürlich jeder Geselle, so schnell wie möglich Meister zu werden. Da es aber genug Handwerksmeister in den Städten gab, und jeder weitere nur die Verdienstmöglichkeiten der schon vorhandenen schmälern würde, versuchten die Zünfte, die Aufstiegschancen in diese Gesellschaftsposition zu erschweren. So hatten die Prüflinge erst einmal folgende Bedingungen zu erfüllen:
- sie mußten ein Meisterstück auf eigene Kosten anfertigen
- das Bürgeraufnahmegeld bezahlen
- sich einen eigenen Harnisch anfertigen lassen
- verschiedene Beträge an die Zunft zahlen
- für die Zunftkirche Wachskerzen kaufen
- einen Hausbesitz oder das Geld zum Erwerb desselbigen vorlegen und
- ein Mahl von mehreren Gängen für alle Meister der Zunft spenden.
Bei den geringen Löhnen war es für die Gesellen jedoch unmöglich, die Bedingungen zu erfüllen. Und allein waren sie zu schwach, um sich gegen diese „Gemeinheiten“ der Meister zu wehren. Deshalb gründeten sie Bruderschaften bzw. Verbände, die dann schließlich, sämtliche Gesellen und Lehrlinge hinter sich wissend, mit den Zünften über Lohnerhöhungen, über die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit, über die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und über die Festsetzung der Bußen bei Vertragsbruch verhandelten und bei der Vermittlung von Wohnungen und Arbeitsplätzen halfen.
Die geringen Mitgliederbeiträge wurden verwendet, um für kranke Gesellen und Lehrlinge sorgen zu können und in anderen Städten und im Ausland Gesellenherbergen zu errichten, in denen die Mitglieder kostenlos zu essen und zu trinken und eine Schlafstätte zugewiesen bekamen. Falls die Meister und die Zünfte nicht bereit waren, mit den Bruderschaften zu verhandeln, wurde mit Arbeitskampf und Streik gedroht. Die Gesellenverbände waren durch ihre Mobilität ernst zu nehmende Gegner, da sie auch überregionale Kampfaktionen starten konnten.
So waren die Druckergesellen in Lyon in der zweiten Hälfte des 16. Jhs. bereits in der Lage, selbst ihre Lohnskala festzusetzen. Folglich weigerten sie sich, für Meister zu arbeiten, die weniger zahlen wollten oder die ein Mitglied unrechtmäßig aus der Werkstatt geworfen hatten. Gesellen, die ihrer Organisation nicht beitreten wollten, drohte man mit dem Durchtrennen der Kniesehnen.