Lucas Cranach der Ältere oder Lucas Cranach der Jüngere: Lucas Cranach der Ältere, 1550

Lucas Cranach der Ältere

Lucas Maler, der sich selbst "Lucas Cranach" nannte, wurde im Jahr 1472 in Kronach, 24 km östlich von Coburg, als ältestes von neun Kindern geboren, von denen außer Lucas nur die folgenden vier Geschwister nicht in ihren ersten Lebensjahren starben: Margarete (1476-1530), Anna (1485-?1577), Kuni (1488-1555) und Mathias (oder Matthäus) (1491/92-1553) (in: Werner Schade, Cranach, a family of Master Painters, New York 1980). Sein Vater, Hans Maler (um 1448-1527/28), war Schilder- und Kartenmaler, Häuseranstreicher und Formenschneider. Von seiner Mutter Barbara (um 1453/55-1491/92) sind leider außer ihrem Vornamen und ihren ungefähren Lebensdaten keine Informationen überliefert worden. Sie heiratete Hans Maler im Jahr 1471. Die ersten 32 Jahre im Leben des Lucas Cranach (Abb. 245) liegen im Dunkeln. Wir wissen zwar, dass er in der väterlichen Werkstatt ausgebildet worden war, aber nicht, wann er das väterliche Zuhause verlassen hatte und wie lange er zum Beispiel in Gotha als Maler tätig war, wo er seine Gattin Barbara (1477-1540) (in: Peter Moser, Lucas Cranach – Sein Leben, seine Welt und seine Bilder, Bamberg 2004, S. 10), eine Tochter des Gothaer Ratsherrn Jobst Brengbier und dessen Gattin Katharina Jahn, kennengelernt und geheiratet hatte. Das Geburtsjahr seiner Gattin lässt eine Heirat der beiden um 1493/94 vermuten. Die Töchter der Patrizier wurden schließlich zu dieser Zeit mit 16 bis 18 Jahren vermählt, oder sie waren bereits als junge Mädchen den Klöstern als zukünftige Nonnen übergeben worden. Seine Früharbeiten zeigen uns auch, dass er in Wien und in Innsbruck tätig gewesen war. Spätestens im Jahr 1505 ließ er sich in Wittenberg nieder, denn zu dieser Zeit trat er die Nachfolge des sächsischen Hofmalers Jacopo de Barbari an und erhielt eine fest- und hochbesoldete Stellung am Hofe der sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen, Johann des Beständigen und Johann Friedrich des Großmütigen. Seine Gattin und seine Kinder sind ihm erst um 1511/12 nach Wittenberg gefolgt, als er hier am Marktplatz sein erstes großes Haus kaufte. Folgende Aufgaben hatte er fortan als Hofmaler der sächsischen Kurfürsten zu erledigen: "Er [Lucas Cranach] musste in Wittenberg leben und arbeiten, nicht nur Gemälde und Kunstwerke liefern, sondern auch Schlösser (z.B. Coburg, Heldburg, Lochau, Torgau) ausstatten, für Feste und Jagden Dekorationen entwerfen, Renndecken für Turniere, Hofgewänder, Kostüme und Karnevalsmasken kreieren, Wappen, Medaillen und Münzen gestalten. Er kümmerte sich aber auch um den Anstrich von Häusern, Zäunen, Schlitten und Wagen. Und hin und wieder musste er eine diplomatische Mission erfüllen." (in: Peter Moser, Lucas Cranach – Sein Leben, seine Welt und seine Bilder, ebenda, S. 27). Außerdem malte Lucas Cranach für die Cousins der sächsischen Kurfürsten, die sächsischen Herzöge Georg den Bärtigen und Heinrich den Frommen, für Kaiser Maximilian I., für Albrecht von Brandenburg, den Erzbischof von Mainz und Magdeburg und Bischof von Halberstadt, für dessen Bruder und dessen Neffen, Joachim I. und Joachim II. von Brandenburg, und für zahlreiche andere hohe und niedere Adlige und für seine Wittenberger Freunde zum Beispiel Martin Luther. Im Jahr 1508 traf er in Mecheln erneut mit dem Kaiser Maximilian I. und dessen Enkel Karl zusammen, als er als Gesandter Friedrichs des Weisen – nicht zum ersten Mal – in geheimer Mission zu ihnen geschickt wurde und an der Huldigungsfeier und Schwurleistung des Letzteren, des jungen Erzherzogs und späteren Kaisers Karl V., teilnahm. Zusammen mit Albrecht Dürer hatte er hier außerdem den Auftrag erhalten, an dem Pergamentgebetbuch Maximilians I. zu arbeiten.

In den 20- bis 40er Jahren versah er die Flugschriften, die Einzelausgaben der Predigten und sämtliche Druckschriften seines Freundes Martin Luther (Abb. 246), dessen Trauzeuge er war und für dessen ältesten Sohn er Taufpate stand, mit Zeichnungen und Bildern. So erschien z.B. im September 1522 Martin Luthers deutsche Übersetzung des Neuen Testamentes mit seinen 21 ganzseitigen Holzschnitten. Dieses Werk wurde bis zum Jahr 1546 in seiner Wittenberger Druckerei 200.000-mal (!) gedruckt.

Seine Gattin, Barbara Brengbier (Abb. 247), schenkte ihm mindestens fünf Kinder, deren Namen und zum Teil auch Lebensdaten erhalten geblieben sind. Es werden vermutlich sehr viel mehr Kinder gewesen sein. Aber die Kindersterblichkeit war im 15. und 16. Jahrhundert noch sehr hoch. Was die Familie von Lucas Cranach dem Älteren angeht, liegt vieles im Dunkeln. Sein ältester Sohn Hans (oder Johann) (Abbn. 248a, 248b und 248c) wurde nach bewährter Tradition nach dem väterlichen Großvater (Hans Maler) genannt. Sein Geburtsjahr ist nicht erhalten geblieben. Jedoch geben seine Porträts Auskunft, wann er geboren wurde. Er muss im Jahr 1494 oder 1495 das Licht der Welt erblickt haben und starb am 9. Oktober 1537 während eines Aufenthaltes in Italien in Bologna. Da er 42 oder 43 Jahre alt war, als er starb, wird er mit Sicherheit verheiratet gewesen sein. Leider sind keine Informationen über seine Gattin erhalten geblieben. Im Petit Palais, Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris, gibt es ein Bildnis einer Frau (Abb. 249), von ihm erstellt, die seine Gattin darstellen könnte. Die älteste uns bekannte Tochter von Lucas Cranach dem Älteren, Ursula (Abb. 250), wurde zwischen 1502 und 1504 geboren. Von ihrem ersten Gatten, den sie um 1522 geheiratet hatte, kennen wir den Namen ebenfalls nicht. Aber wir besitzen immerhin ein Porträt von ihm (Abb. 251). Im Jahr 1544 vermählte Ursula sich zum zweiten oder dritten Mal. Bei ihrem zweiten oder dritten Gatten handelte es sich um Georg Dasch, den Bürgermeister von Gotha. Um 1505 muss noch ein weiterer Sohn von Lucas Cranach dem Älteren geboren worden sein, der als Kind starb. Der nächste Sohn, von dem die historischen Quellen berichten, Lucas Cranach der Jüngere († 1586) (Abbn. 252a und 252b), erblickte das Licht der Welt am 4. Oktober 1515. Er sollte die erfolgreiche Malerwerkstatt seines Vaters im Jahr 1544 übernehmen. Die Tochter Anna († 1577), die Martin Luther als einen ihrer Taufpaten nennen durfte, wurde um 1518/19 geboren. Sie heiratete im Jahr 1550 Caspar Pfreundt (1517-1574). Er war mit Sicherheit nicht ihr erster Gatte. Das jüngste Kind von Lucas Cranach dem Älteren und Barbara Brengbier, ihre Tochter Barbara († 1601), wurde im Jahr 1520 geboren. Einige Biografen von Lucas Cranach dem Älteren behaupten, dass ihre Tochter Anna im Jahr 1527 geboren wurde, wofür sie jedoch keine historischen Quellen vorlegen können. Dies ist wegen des fortgeschrittenen Alters von Barbara Brengbier, die im Jahr 1527 bereits 50 Jahre alt gewesen wäre, sehr zu bezweifeln.









Von seinen Zeitgenossen wurde Lucas Cranach der Ältere (Abb. 253) als geistvoll, humorvoll und als "schneller" Maler – er lieferte seine Aufträge dank seiner sehr großen Malerwerkstatt, in der um die 20 bis 30 Assistenten, Gesellen und Lehrlinge beschäftigt waren, in kürzester Zeit ab – und erster großer deutscher Aktkünstler bezeichnet, der es zudem verstand, ein großes Vermögen anzuhäufen. Von 1519 bis 1545 war er Ratsherr in Wittenberg, und in den Jahren 1537/38 sowie 1540/41 und 1543/44 wählte man ihn sogar zum Bürgermeister. Als Maler, der Bildnisse schuf, aber auch Gemälde alten Stiles aus den Themenbereichen Bibel, Geschichte und Mythos verkaufte, als Apotheken- und Weinschankbesitzer, als mehrfacher Haus- und Grundstückbesitzer, Besitzer einer bedeutenden Druckerei und Betreiber eines weit ausgedehnten Papier- und Buchhandels wundert es nicht, dass er laut der Grundsteuerabrechnung von 1528 neben dem kurfürstlichen Kanzler Gregor Brück als der reichste Bürger Wittenbergs bezeichnet wurde. Lucas Cranach der Ältere war in der Tat ein erfolgreicher Unternehmer, der seine Malerwerkstatt mit unzähligen Assistenten, Gesellen und Lehrlingen gefüllt hatte, die seine Aufträge in seinem Namen erfüllten. Von den 400 ihm heute von den Kunsthistorikern noch zugeschriebenen Werken wird nur ein Bruchteil wirklich seiner eigenen Hand entstammt sein.

1550, als das obige Porträt von ihm gefertigt wurde, folgte Lucas Cranach dem seit 1547 von Karl V. gefangengehaltenen Kurfürsten Johann Friedrich dem Großmütigen nach Augsburg. Letzterer hatte ihn bereits im Jahr 1547 darum gebeten. Als der Kaiser den Kurfürsten im Jahre 1552 freiließ, konnte sich Lucas Cranach der Ältere wieder zu seinen Kindern nach Weimar begeben, wo seine Tochter Barbara seit ihrer Heirat mit Dr. Christian Brück (Abb. 254) im Jahr 1543 lebte. Auch Lucas Cranach der Jüngere hatte sich hier mit seiner mittlerweile zweiten Gattin, Magdalena Schurff (um 1531-1606), einer Tochter des sächsischen Leibarztes Professor Dr. Augustin Schurff, eingefunden, da in Wittenberg wieder einmal die Pest grassierte. Hier in Weimar starb Lucas Cranach schließlich bei seiner Tochter Barbara und seinem Schwiegersohn Christian Brück am 16. Oktober 1553 im Alter von 81 Jahren. Er wurde auf dem dortigen Jakobsfriedhof beigesetzt. Ob das obige Porträt von ihm oder seinem Sohn Lucas Cranach dem Jüngeren erstellt wurde, kann heute nicht mehr beantwortet werden. Der Stil entspricht eher Lucas Cranach dem Jüngeren. Die früheste historische Quelle, die Auskunft über dieses Gemälde gibt, kommt leider aus dem 17. und nicht dem 16. Jahrhundert. Daher muss sie mit Vorsicht behandelt werden. Laut ihr schenkte der Dresdner Ratsherr und Bürgermeister Gabriel Tzschimmer dieses Porträt des Meisters im Jahr 1676 dem sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. († 1680) mit dem Hinweis, "des alten Lucas Kranachs contrafectisch Brustbild, daran die Jahreszahl 1550 und Aetatis 77 so er selbst gemacht haben soll". (in: Peter Moser, Lucas Cranach – Sein Leben, seine Welt und seine Bilder, ebenda, S. 228). Nach 1707 soll es dem Großherzog Cosimo III. von der Toskana vom König August II. dem Starken (1670-1733) als Geschenk überreicht worden sein.
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