Philippine Welser heiratete ihre große Liebe, den Erzherzog Ferdinand II. von Österreich-Tirol, in Augsburg im Januar 1557. Getraut wurden sie in aller Heimlichkeit von Ferdinands Beichtvater Johann von Cavalerii (oder Cavallerii), denn Philippine Welser war unter dem Stande ihres Gatten, und unstandesgemäße Heiraten waren im Adel sehr verpönt. Aber sie waren von der Kirche erlaubte Eheschließungen, die zum Ärgernis der männlichen Verwandten derjenigen - männlich oder weiblich -, die es gewagt hatten, gegen die Regel zu verstoßen, sich den Ehepartner aus dem gleichen Stand und mit Erlaubnis des Vaters oder des männlichen Vormundes auszusuchen, nicht mehr gelöst werden konnten. "Obwol im tiefsten Geheimnis vollzogen, konnte die Tatsache der Eheschliessung den Mitgliedern des Kaiserhauses schwerlich lange verborgen bleiben. Aber einmal bekannt geworden, musste sie den hohen Unwillen des Kaisers Ferdinand erwecken. Sein Sohn hatte eine nicht standesgemässe Ehe geschlossen und zwar ohne jede vorangegangene Verständigung des Vaters. Spätestens zwei Jahre nach der Vermählung erhielt der Kaiser sichere Kunde von dem Vorgefallenen. Wol durch Mittelspersonen ... kam es im Jahre 1559 zu einem Vergleich, welcher zu einer beiderseitigen Verschreibung führte. Indem der Erzherzog und seine Gattin den Kaiser um Vergebung baten, gestanden sie, 'grösslich' gegen die kaiserliche Majestät gehandelt zu haben. Beide verpflichteten sich zur Geheimhaltung der Ehe auf ewige Zeiten gegen Jedermann, jene ausgenommen, welche bereits davon wissen und sie sich Ferdinand vorbehalten. Hinsichtlich der Kinder wurde die Unfähigkeit zu fürstlicher Succession stipulirt, dagegen sollten die Söhne mit kirchlichen Würden oder dem eigenen Vermögen ihres Vaters durch Ankauf von Herrschaften versorgt werden; jeder von den Töchtern wurde eine Ausstattung von 10.000 G., Philippinen ein Witwendeputat von 3000 G. zugesichert. Der Kaiser erklärte seinerseits, die Gatten in seine Gnade aufzunehmen; die Punkte über die Versorgung der Kinder bestätigte er und bestimmte noch für jeden Sohn ein jährliches Einkommen von 10.000 G. Selbst die Succession des Mannesstammes gewährte er für den Fall, dass das Haus Oesterreich bis auf diesen aussterben würde. Alle Kinder Philippinens erhielten das habsburgische Wappen, den Titel 'von Oesterreich' und volle Steuer- und Zollfreiheit im ganzen römischen Reich und den Erblanden. Ueber das Ehegeheimnis wurde verfügt, dass ausser den bisher Wissenden die Mutter Philippinens, eine Amme und ein Kammerfräulein, ferner die beiden andern Erzherzoge [die Brüder von Ferdinand II., Maximilian II. und Karl II.,] ins Vertrauen gezogen werden sollen. Urteil und Entscheidung über die Rechtskraft der Eheschliessung überliess der Kaiser ausdrücklich der Kirche. Nachdem auch Maximilian und Karl von dem Bestande des Ehebundes unterrichtet worden waren, erliess der Kaiser eine neue Urkunde. In dieselbe wurde abermals eine Verschreibung der Gatten ähnlichen Inhalts wie 1559 inserirt, und der Vater wiederholte und bekräftigte alle Bestimmungen von früher. Für alle der Ehe entstammenden Söhne zusammen wurde eine Jahresrente von 30.000 G. vereinbart, Ferdinands Oberstkämmerer und Philippinens Hofmeister durften nun auch von dem Eheverhältnis verständigt werden. Wiederholt erklärt der Kaiser in diesem Akte, Philippine und ihre Kinder, deren Successionsfähigkeit in Böhmen und Ungarn übrigens aufgehoben wurde, sollten 'getreulich und ungevarlich' bei all dem erhalten werden, was ihnen die 'väterliche und brüderliche handlung' garantirte. ... Nur weil sie den Glanz des Erzhauses verdunkeln könnte, wird ihre Geheimhaltung bedungen. ... Der kaiserlichen Forderung einer Geheimhaltung der Ehe suchte das Ehepaar möglichst zu entsprechen. Während man in der Oeffentlichkeit, so oft das Projekt einer Vermählung Ferdinands mit einer fürstlichen Braut angeregt wurde, seine angebliche Abneigung gegen irgend welche Heirat vorschützte, wohnte Philippine die erste Zeit - bis 1560 - auf Brzesnic, seit 1560 auf der königlichen Burg Bürgliz, mitunter wol auch in Prag, um sieben Jahre später ihrem Gemahle in aller Stille nach Tirol nachzufolgen, wo sie in Ambras Wohnung nahm. Eigentümlich wurde mit Philippinens Kindern verfahren. Kaum war eines geboren, so wurde es von Catharina Loxan [Philippines Tante, Schwester ihrer Mutter] heimlich 'für ehlich gelegt', von irgend einem Diener entdeckt und als vorgebliches Findelkind im Schlosse aufgenommen. So kam es, dass selbst die venezianischen Oratoren, welche sonst meist mit klugem Spürsinn ebenso die politischen Abmachungen wie die Familienereignisse an den Höfen zu entdecken vermochten, von dem wirklichen Verhältnis nichts erfuhren, obgleich ihnen Ferdinands Umgang mit Philippine nicht unbekannt blieb. [Es fiel Ferdinand II. und Philippine, die sich sehr liebten, sehr schwer, sich nur heimlich treffen zu dürfen.] ... Endlich fand sich auch dafür eine Lösung. Der Erzherzog verhandelte mit Rom [im Jahr 1576] über die Erhebung seines Sohnes Andreas zum Cardinal ... Hiezu bedurfte es des Nachweises für die legitime Herkunft des Cardinalscandidaten. Ferdinand schickte deshalb ein von ihm selbst ausgestelltes, von Cavalerii bestätigtes Zeugnis über seine kirchlich eingesegnete Ehe an den päpstlichen Stuhl. Gregor XIII. erklärte die Urkunde zur Vorlage an das Consistorium für unzureichend, da wenigstens zwei Zeugen, von denen einer der funktionirende Priester, angeführt werden sollten. Dass der Papst zur selben Zeit den Erzherzog des Eides entband, wodurch er bisher zur Geheimhaltung der Ehe verpflichtet war, musste wol als ein Zeichen gelten, dass man in Rom vom rechtlichen Bestande des Ehebundes bereits überzeugt war. Ferdinand nahm die Absolution mit freudigem Dank entgegen und suchte nun auch das Lückenhafte seines ersten Zeugnisses so weit als möglich zu vervollständigen. Ein erzherzoglicher Notarius, Christoph Ebner, wurde in die Hofburg gerufen, und hier an bestimmt bezeichneter Stelle und zu genau angegebener Stunde verlas der Hofkanzler Wellinger vor dem Erzherzog, der seine anwesende Gemahlin an der Hand hielt, deren gemeinschaftlich ausgestellte Erklärung desselben Inhaltes, wie ihn das früher nach Rom gesandte Schriftstück enthalten hatte, nur dass diesmal neben Cavalerii auch Catharina v. Loxan mit unterschrieben hatte, zum Beweis: 'das alles dies, so ob geschriben ist, war sey, dann ich selber das alles gesehen hab'. Ebner errichtete über diesen Akt ein Notariatsinstrument, welches der Kanzler sowie der Geheimrat und Kammerpräsident Blasius Kuen als Zeugen unterfertigten. Diese notarielle Urkunde, in welche die Erklärung der beiden Gatten aufgenommen war, gieng nun an den Papst, gegen welchen Ferdinand versicherte, dies sei eine Form des Wahrheitsbeweises, wie es genauer nicht mehr erbracht werden könne. ... In Rom wurde in der Folge auch kein Zweifel über die vollzogene Ehe und ihre Legitimität mehr laut. Die Ehe des Erzherzogs mit Philippine war eine ungetrübt glückliche. ... Im zweiten Jahre ihrer Verbindung erfreuten sich die Gatten der Geburt eines Sohnes Andreas. Um die Mitternachtsstunde des Veitstages 1558 wurde er zu Brzesnic in Gegenwart der Tante Loxan und ihrer ältern Tochter sowie der Amme Anna Ebesam geboren, sechs Tage darauf zwischen zwei Türen gelegt, alsbald vom Torwart gefunden und vom Caplan Jakob de Sterlowiz getauft. ... Am 22. November 1560, gleichfalls um Mitternacht, kam ein zweiter Sohn, Karl, in Bürgliz zur Welt. Am Bette der Wöchnerin stand diesmal auch deren Mutter. Die Taufe vollzog Cavalerii ... Fünf Tage später fand Morawez, ein Diener Sternbergs [Ladislaus von Sternberg, Pate des Neugeborenen und Oberstkämmerer und Rat von Ferdinand II.], das Kind vor dessen Zimmer, wohin es gelegt worden war, und brachte es den Frauen des Schlosses. Am Vormittag des 7. August 1562 gebar Philippine Zwillinge. Den folgenden Morgen erschienen Catharina Loxan und ihr Diener Wenzl Schissowski vor dem Schlosse Bürgliz mit den Kleinen am Arme und gaben vor, eine Frau habe ihnen dieselben mit der Bitte überantwortet, dass sie zu Philippine gebracht wurden. Cavalerii spendete wieder die Taufe, wobei der Knabe Philipp, das Mädchen Maria genannt ward. ..." (in: Dr. Joseph Hirn: Erzherzog Ferdinand II. von Tirol - Geschichte seiner Regierung und seiner Länder. II. Band. Innsbruck 1888, S. 317-322).