Katharina de' Medici (1519-1589) - Die unermüdliche Friedensmaklerin
Katharina Maria Romola de' Medici (Abb. 67) wurde als einziges Kind von Lorenzo di Piero de' Medici (1492-1519), dem Herzog von Urbino, und seiner jungen Frau, Madeleine de la Tour d'Auvergne (1502-1519), einer Verwandten des französischen Königs Franz I., am 13.4.1519 im großen Palast der Medici in Florenz geboren. Väterlicherseits stammte sie von den berühmten de' Medici ab, die es in der ersten Hälfte des 15. Jhs. von Wollhändlern zu erfolgreichen und sehr vermögenden Kaufleuten und Bankiers gebracht hatten, und denen es zu Beginn des 16. Jhs. gelungen war, in den Adelsstand aufzusteigen. Katharinas Eltern, ihr gutaussehender Vater, der ein kühner Reiter, unermüdlicher Jäger und geschickter Diplomat gewesen sein soll, dem man jedoch auch grenzenlosen Ehrgeiz, Treulosigkeit, Feigheit, Arroganz und Grobheit vorwarf, und ihre hübsche und kluge Mutter, hatten erst ein Jahr vor ihrer Geburt am 2.5.1518 in Amboise geheiratet.
Die Ehe währte jedoch nicht lange. Katharinas Mutter starb zwei Wochen nach der Geburt am 28.4.1519 am Kindbettfieber, und ihr Vater, der schwer an den Spätfolgen der Syphilis litt, folgte seiner Frau bereits am 4.5.1519 ins Grab. So war die kleine Katharina schon nach wenigen Erdentagen Vollwaise. Aber bereits im Alter von nur drei Monaten erkrankte sie ebenfalls sehr schwer, so daß es schien, sie wolle ihren Eltern noch in deren Todesjahr folgen. Das Schicksal entschied jedoch anders.
Zum Vormund der kleinen Katharina wurde der Cousin ihres Großvaters väterlicherseits, Giulio de' Medici († 1534), bestimmt, der 1523 als Papst Klemens VII. das Oberhaupt der katholischen Kirche werden sollte. Katharina wuchs aber nicht bei ihm, sondern bei ihrer Tante Clarice de' Medici (1493-1528), der einzigen Schwester ihres Vaters, auf, die sie als Achtjährige in die Obhut eines strengen Klosterordens – den "Eingemauerten" (völlige Abgeschlossenheit von der Außenwelt) – übergab. Dort blieb Katharina bis zum Jahre 1532. Dann wechselte sie über zum Kloster Santa Lucia, das sie schon 1533 auf Wunsch ihres Vormundes, des Papstes, verließ, um verheiratet zu werden.
1525 wollte Papst Klemens VII. seine sechsjährige Großnichte bereits mit Ercole verloben, dem Sohn des Herzogs von Ferrara, Alfonso d'Este, und von Lucrezia Borgia, um zu verhindern, daß dieses Herrscherhaus ein Bündnis mit Karl V. einging. Aber die Mitgiftforderungen des Herzogs von Ferrara waren so unverschämt hoch, daß schließlich nichts aus diesem Projekt wurde. Es folgten noch andere potentielle Ehegatten für Katharina wie Jakob V. von Schottland, Francesco II. Maria Sforza und Federigo Gonzaga.
Im Oktober 1532 wurde aus politischen Gründen schließlich eine Heirat zwischen Katharina und Henri II. von Orléans, dem zweiten Sohn von Franz I. von Frankreich, vereinbart. Da der französische König plante, sich Mailand erneut anzueignen, wollte er durch diese ehrenvolle Einheirat einer Medici ins französische Königshaus Papst Klemens VII. schon im voraus besänftigen und dessen Widerstand brechen.
Deshalb verheiratete man die 14-jährige Katharina am 28.10.1533 mit dem gleichaltrigen Herzog Henri II. Die Trauungszeremonie vollzog niemand anders als der Papst höchstpersönlich. Unter Anweisung von Marguerite von Angoulême (Abb. 68), der Schwester ihres Schwiegervaters, erhielt Katharina in ihrem neuen Zuhause sofort Unterricht in Mathematik, Dichtkunst, Latein und Griechisch. Und sie machte ihrer neuen Familie alle Ehre, denn sie war eine Schülerin von großer Wißbegierde, hervorragendem Gedächtnis und sehr guter Auffassungsgabe.
Ihr Gatte Henri II. wurde von seinen Zeitgenossen als groß, gut gebaut (nahezu Muskelpaket), schwermütig, ungesellig, langsam, ungeduldig, schweigsam, mürrisch, schwerfällig, unnachgiebig und zurückhaltend beschrieben. Trotzdem soll er ein ausgezeichnetes Gedächtnis besessen haben und sprach neben seiner Muttersprache auch Spanisch, Italienisch und Latein. Er liebte die Musik, die Jagd, das Schlittschuhlaufen und Pferde. Und als leidenschaftlicher Liebhaber war er bei Frauen sehr gefragt. Gegenüber Menschen, denen er vertraute, konnte er zudem tiefe Zuneigung empfinden.
Katharina liebte ihren Mann sehr, mußte jedoch hinnehmen, daß dieser bereits 1536 ein festes Liebesverhältnis mit der 19 Jahre älteren, herrschsüchtigen und habgierigen Diana de Poitiers († 1566) einging, die über 20 Jahre lang seine Hauptmätresse bleiben sollte. Von drei anderen, unbedeutenderen Geliebten wurden Henri außerdem mindestens drei uneheliche Kinder geboren. Katharina jedoch blieb zehn Jahre lang kinderlos. Diese Zeit war für sie die härteste am Hof, sprach doch Henri II. ganz offen davon, ihre Ehe wegen ihrer Unfruchtbarkeit für ungültig erklären zu lassen. Ständig wurde sie von Ärzten untersucht und mußte die unterschiedlichsten, angeblich fruchtbarkeitsfördernden Heilmittel schlucken. Da ihr Mann nach dem Tode seines ältesten Bruders Franz am 15.8.1536 zum Thronfolger Frankreichs wurde, waren legitime Kinder jedoch dringendst gewünscht. Schließlich war Katharina freiwillig bereit, in ein Kloster zu gehen, um ihrem Gatten damit eine neue, fruchtbarere Ehe zu ermöglichen. Ihr Schwiegervater Franz I., unterstützt von seiner Schwester Marguerite von Angoulême, bestand aber darauf, daß sie blieb.
Am 20.1.1544 brachte Katharina schließlich nach einer schwierigen Geburt ihr erstes Kind, ihren Sohn Franz II. († 1560), zur Welt. Die Atmung des Kleinen funktionierte jedoch anfangs nur schwach, so daß sie mit dessen Tod rechnen mußte. Zu ihrer großen Freude genas ihr erstes Kind bereits in der ersten Woche und blieb am Leben. Am 2.4.1545 wurde ihre Lieblingstochter Elisabeth (Abb. 69) († 1568) geboren. Am 12.11.1547 folgten Claude († 1575), am 3.2.1549 Louis († 1550), am 27.6.1550 Karl IX. († 1574), am 20.9.1551 ihr Lieblingskind Henri III. († 1589), am 14.5.1553 Marguerite (Abb. 70) († 1615), am 18.3.1555 Hercule († 1583), der nach dem Tode seines ältesten Bruders später Franz genannt wurde, und am 24.6.1556 wurde sie noch von den Zwillingen Jeanne und Viktor entbunden, die jedoch schon kurz nach der Geburt starben.
Innerhalb von 12 Jahren schenkte sie ihrem Mann somit zehn Kinder.
Am 21.6.1559 wurde ihre älteste Tochter Elisabeth im Alter von 14 Jahren mit dem 32-jährigen, spanischen König Philipp II. († 1598) verheiratet. Zu Ehren dieser Hochzeit veranstaltete man in Paris mehrere Turniere, auf denen auch Henri II. persönlich teilnahm. Dabei drangen ihm unglücklicherweise bei einem Tjost mehrere winzige Splitter der gebrochenen Holzlanze seines Gegners durch das Visier ins Auge. Aus der Zerstörung des Auges entwickelte sich eine Gehirnhautentzündung. Die fünf namhaftesten Chirurgen Frankreichs ließen sofort vier Zuchthäusler köpfen, um an deren Schädeln den Unfall in Ursache und Wirkung möglichst genau rekonstruieren zu können. Dazu ließen sie in jeden Kopf einzelne zersplitterte Lanzenstümpfe ins Auge rammen. Erst nach diesen medizinischen Experimenten wagten sie, den König zu operieren, indem sie das zerstörte Auge entfernten und das Loch nach Splitterresten der Lanze durchwühlten. Trotz dieses massiven ärztlichen Einsatzes starb Henri II. zehn Tage später am 10.7.1559. Seit dieser Zeit war Katharina nur noch in schwarzer Kleidung zu sehen.
Katharinas ältester Sohn, Franz II., der mit Maria Stuart (Abb. 71) verheiratet war, wurde als neuer König ausgerufen, starb aber bereits ein Jahr später im Alter von 16 Jahren am 5.12.1560. Ihm folgte sein zehnjähriger Bruder Karl IX..
Mit Karls Thronbesteigung im Jahre 1560 geriet Katharina als seine Regentin schließlich voll in die Machtkämpfe zwischen den Adelshäusern der Bourbonen und der Guisen einerseits und den Katholiken und den Hugenotten andererseits.
So wurde hauptsächlich ihr die grausame Niedermetzelung von ungefähr 3000 Hugenotten – allein in Paris – in der Bartholomäusnacht, in der Nacht vom 23. auf den 24.8., im Jahre 1572 angelastet, obwohl sie laut den Aussagen ihrer jüngsten Tochter zusammen mit ihrem Sohn Henri (III.) und Heinrich von Guise nur das Oberhaupt des hugenottischen Lagers umbringen lassen wollte, da dieses, der Admiral de Coligny, Frankreich in einen Krieg mit Spanien verwickeln wollte. Und Kriege zu verhindern, war zeitlebens Katharinas politisches Hauptziel. Ihr war lieber, der Kriegshetzer würde sterben als Zehntausende ihrer Untertanen. Die Eskalation war nicht geplant. Katharina konnte nicht ahnen, daß im Morgengrauen des 24.8. bewaffnete Gruppen radikaler, unversöhnlicher, fanatischer Katholiken in den Straßen von Paris die Bürger zur Ausrottung aller Hugenotten auffordern würden. Schließlich wurden in ganz Frankreich 30.000 Menschen, die dem reformierten Glauben anhingen, brutal niedergemetzelt.
Von ihren Zeitgenossen erfahren wir sehr viel über Katharina de' Medici. So hatte sie ein volles Gesicht, eine ziemlich große, breite Nase, die typisch hervorstehenden Medici-Augen und dunkles, üppiges Haar. Sie wurde trotz der nicht gerade positiv klingenden Gesichtszüge als außergewöhnlich anmutig beschrieben. Zudem soll sie schon in jungen Jahren etwas zur Fülligkeit geneigt haben. Man meisten schwärmten ihre Zeitgenossen jedoch von ihren Händen, die die schönsten gewesen sein sollen, die sie je gesehen hätten.
Ihr Zeitgenosse Brantôme († 1614) schilderte sie sehr plastisch: "Sie war von sehr schönem und üppigem Wuchs, eine königliche Erscheinung und trotzdem sehr sanftmütig – wenn es erforderlich war –, von reizvollem Äußeren, gefälligen Manieren, mit schönen angenehmen Zügen und einem schönen schneeigen und vollen Busen. Ich hörte einige ihrer Damen sagen, daß ihre feste und stattliche Körperfülle von einer sehr weißen und reinen Haut überzogen war und daß sie sehr schöne Beine und Füße besitze, so daß besagte Damen große Freude daran fanden, sie gut zu beschuhen und den Schuh straff sitzen zu sehen. Auch nannte sie die schönsten Hände, die ich wohl jemals gesehen habe, ihr eigen. Die Dichter haben früher Aurora wegen ihrer schönen Hände und schönen Finger gelobt. Ich glaube aber, daß die Königin sie darin in den Schatten gestellt hätte; auch hat sie sie bis zu ihrem Tode unverändert behalten. Ihr Sohn, Heinrich III., hat diese schönen Hände geerbt.
Dazu kleidete sie sich stets sehr gut und prächtig und hatte immer irgendeinen neuen und hübschen Einfall. Kurz und gut, sie verfügte über große Schönheit, so daß sie sehr geliebt wurde ...
Im übrigen war sie eine gute Gesellschafterin von lustigem Wesen, liebte allen anständigen Zeitvertreib, wie den Tanz, worin sie viel Grazie und Hoheit zeigte.
König Franz (I.) machte es Spaß, sie an den Jagdvergnügungen teilnehmen zu lassen, bei denen sie den König nie allein ließ und ihm auf der Hatz immer folgte, denn sie ritt ausgezeichnet, war mutig und von großer Grazie, denn sie war die erste Frau, die im Herrensattel so ritt, daß ihre Anmut viel besser zur Geltung kam als im Damensattel.
Der Reitkunst bis im Alter von sechzig Jahren und mehr zugetan – bis sie aus Schwäche darauf verzichten mußte –, hatte sie alle Widerwärtigkeiten zu erdulden, denn es war einer ihrer großen Freuden, schnelle Strecken zurückzulegen, obgleich sie zum großen Schaden ihres Körpers oft stürzte und sich wiederholt verletzte, die Beine brach und solche Kopfwunden davontrug, daß sie trepaniert (Schädel mußte geöffnet werden) werden mußte ...
Täglich gestaltete sie irgendeinen neuen Tanz oder ein schönes Ballett. Wenn es schlechtes Wetter war, erfand sie auch Spiele und verbrachte ihre Zeit mit dem einen oder anderen, da sie sehr umgänglich war, aber – wenn notwendig – auch sehr würdevoll und ernst sein konnte. Auch sah sie sich recht gerne Komödien... an... woran sie große Freude hatte und hellauf lachte wie jeder andere, denn sie lachte gerne. Ihrem Naturell nach war sie jovial und liebte es, das Wort zu führen, und konnte recht gut entgegnen ...
Den größten Teil ihrer Zeit am Nachmittag verbrachte sie bei ihren Seidenstickereien, worin sie es zur größtmöglichen Vollkommenheit gebracht hatte..." (in: Bernhard Champigneulle: Loire Schlösser, München 1965, S. 126-127).
Daneben liebte sie das Ballspiel und war im Bogen- und Armbrustschießen wie die englische Königin Elisabeth I. kaum zu übertreffen. Neben der Jagd begeisterten sie das Tanzen, die Kunst (besonders die Architektur) und die ernste Unterhaltung. Sie galt als ehrgeizig, sehr intelligent, charmant, sehr geduldig, listig, vielseitig begabt, belesen, verschwendungs- und prunksüchtig, sehr abergläubisch, freundlich, als politisch außerordentlich begabt, bescheiden, sanftmütig, raffiniert und scharfsinnig und als fanatischer Hundeliebhaber, der angeblich seine Hunde mehr liebte als seine Kinder! Letzteres gehörte jedoch mehr der Gerüchteküche an als der Realität, denn Katharina liebte ihre Kinder über alles. Zusammen mit ihnen schlief sie in ihrem Schlafzimmer und sie kochte – wie ihre Hofdamen bezeugten – ihnen mit eigener Hand den Brei. Stets war sie um ihre Kinder besorgt, wie ihre jüngste Tochter Marguerite bestätigte, als diese Scharlach bekam: "Die Königin Mutter, welche die Ursache meiner Krankheit zum Teil wohl bekannt war, unterließ nichts, mir Hilfe zu schaffen, ohne die Gefahr der Ansteckung zu scheuen, blieb sie selbst immer bei mir." (in: Margaretha von Valois: Memoiren, Briefe und sonstige Dokumente ihres Lebens, Bd. I, Leipzig 1912, S. 51/52). Zuweilen konnte sie jedoch auch sehr wütend über ihre Kinder werden, so wütend, daß sie selbst zur Rute griff und ihre Kinder züchtigte. Marguerite hielt ihre Mutter trotzdem für "die einsichtsvollste und verständigste aller Frauen." (in: Margaretha von Valois, ebenda, Bd. I, S. 122).
Obendrein hielt man sie für eine Meisterin im Überreden, Entwaffnen und im Entfalten unwiderlegbarer Gründe. Außerdem war Katharina – wie ihr Schwiegersohn, der spätere Heinrich IV. von Frankreich, gestand – bereit, um ihrem Königreich den Frieden zu erhalten, selbst Beleidigungen und Vorwürfe hinunterzuschlucken.
Bei den Franzosen war sie jedoch als Ausländerin unbeliebt und wurde vom Volk verächtlich "die Italienerin" genannt, der man natürlich die absurdesten Geschichten zutraute. So stand sie bei ihren Untertanen im Ruf, eine Hexe zu sein, da sie im wahrsten Sinne des Wortes eine "wandelnde Hausapotheke" war. Es gab wirklich keine Krankheit, für die sie nicht drei oder vier Heilmittel wußte, und es gab kein Heilmittel, das sie nicht vorsorglich selber an sich oder anderen ausprobiert hatte. Aber Italiener/innen standen zu dieser Zeit nun einmal im Ruf, sich besonders gut auf den Umgang mit Gift und den schwarzen Künsten zu verstehen. Natürlich trugen auch ihre geheimen Schubladen im Schloß Blois – die, indem man auf bestimmte Stellen an der Fußleiste des Zimmers trat, sich öffneten und die, nebenbei erwähnt, auch noch heute funktionieren – zu ihrem Ruf als Hexe bei. Dabei hatte sie dort nur die verschiedensten Medikamente aufbewahrt.
Ihre Schwiegertochter Maria Stuart († 1587), mit der sie kein gutes Verhältnis hatte, nannte sie zudem böswilligerweise "Florentiner Krämerin". Aber egal, was die Leute damals über sie sagten, niemand konnte ihr ihre Toleranz und ihre Friedensliebe absprechen. Sie hörte sich die Argumente der Ketzer an, obwohl Philipp II. von Spanien, der Papst und die Universität Sorbonne schon dies allein als einen Akt von Ketzerei abstempelten. Außerdem verbot sie in ihrem Reich die Inquisition, die in den anderen katholischen Reichen gerade ihren Höhepunkt erreichte.
Sie bemühte sich unermüdlich um den Frieden, unternahm deshalb viele beschwerliche Reisen – auch noch als alte Frau – und wünschte eine friedliche Koexistenz der beiden rivalisierenden christlichen Gemeinschaften und das Ende der ewig wiederkehrenden Religionskriege, die achtmal innerhalb von 1562-1598 ausbrachen und die Frankreich gegenüber seinen Gegnern nur schwächten. Katharina hielt jeden Gegensatz für überbrückbar und jede Feindschaft für versöhnbar. Ihre Parole war: Kompromiß statt Bürgerkrieg.
Im Sommer 1561 lud sie katholische und reformierte Vertreter zum Gespräch ein, um endlich Frieden und Einigkeit zu erreichen. Am 19.5.1563 gab sie unter anderem das Edikt von Amboise heraus, das den ersten Religionskrieg beendete und den Hugenotten beschränkte Religionsfreiheit zugestand. 1576 wurde der reformierte Glaube jedoch erneut verboten. Denn schon wieder durchkreuzten die machtbesessen katholischen Guisen ihre Friedenspläne. Aber sie gab nicht auf und begab sich abermals trotz Rheuma und Gicht auf ihre Friedenstour durch Frankreich.
Ihren Gesprächspartnern wie ihren Kindern flößte sie große Ehrfurcht ein und konnte, wenn es erforderlich war, sehr hart sein. So wohnte sie auch Vierteilungen äußerlich unberührt bei.
Ihre Kinder, die völlig abhängig von ihr waren und sie liebten, bewunderten und fürchteten, beherrschte sie bis zum letzten Atemzug. Ihre Tochter Marguerite äußerte sich in ihren Memoiren über ihre Mutter folgendermaßen: "... ich wagte nicht, zu ihr zu sprechen, sondern, wenn sie mich ansah, verging ich vor Angst, etwas getan zu haben, was ihr mißfiel." (in: Jean Héritier: Katharina von Medici – Herrscherin ohne Thron, München 19802, S. 203). Auch als Mutter mußte sie als Vermittlerin zwischen ihren Söhnen – besonders zwischen Karl IX., Henri III. und Franz-Hercule – ständig für Frieden sorgen, da einer den anderen nicht ausstehen konnte und hintergehen wollte.
Am 30.5.1574 starb ihr zweiter Sohn Karl IX., ohne einen legitimen männlichen Erben hinterlassen zu haben. So wurde Katharinas Lieblingskind, Henri III., der am 9.5.1573 gerade König von Polen geworden war, König von Frankreich. Auch für ihn war Katharina unterwegs und versuchte, die Trennung von Politik und Religion zu erreichen. Vergeblich!
Mit ungefähr 60 Jahren wurde Katharina als "ungeheuer dick", aber immer noch tanz- und jagdbegeistert, geistreich und humorvoll beschrieben. Aber das Rheuma und die Gicht machten ihr, wenn sie für den Frieden ihre Reisen durchs Land unternahm, schon sehr zu schaffen. Mit 69 Jahren zog sie sich schließlich erschöpft von ihrem Einsatz für das Königreich in das königliche Schloß Blois an der Loire zurück. Enttäuscht und um die Zukunft besorgt, starb sie dort am 5.1.1589 an den Folgen einer Bronchitis. Nur wenige ihrer Zeitgenossen würdigten ihre Bemühungen um den Frieden. Lieblos und heimlich wurde sie bei Nacht in der Kirche Saint-Sauveur zu Blois beerdigt.
Von ihren Kindern überlebten sie nur Marguerite und ihr Liebling Henri III., der am 2.8.1589 von einem fanatischen Dominikanermönch ermordet wurde. Mit ihm starb das französische Königsgeschlecht der Valois aus. Leider konnte Katharina ihre Zeitgenossen nicht überzeugen, daß auch Frauen zur Herrschaft fähig sind: "... so ist gewiß meine Tochter (Marguerite) ebensogut fähig zu regieren oder noch besser als viele Männer und Könige, von denen ich weiß und die schon regiert haben ..." (in: Margaretha von Valois, ebenda, Bd. II., S. 42-43).
Im Gegenteil, Marguerites Gatte, Heinrich von Navarra, wurde als Heinrich IV. der Nachfolger seines ehemaligen Schwagers Henri III.. Der ehemalige hugenottische König von Navarra, der um König von Frankreich werden zu können, zum Katholizismus konvertierte ("Paris ist eine Messe wert"), wußte wohl als einziger, die unendlichen Bemühungen seiner Schwiegermutter, Frieden zwischen den Konfessionen zu schaffen, wirklich zu schätzen. Ist es deshalb wohl Zufall oder eher Absicht gewesen, daß er als französischer König am 13.4.1598 – an dem Geburtstag Katharina de' Medicis – das Edikt von Nantes herausgab, das den Hugenotten die bürgerliche Gleichberechtigung erteilte und damit die französischen Religionskriege beendete, wofür Katharina sich zeitlebens eingesetzt hatte? Immerhin ließ er 1609 auch ihre Gebeine schließlich in der Königsgruft Saint-Denis neben denen ihres Gatten und ihrer Kinder beisetzen.
Wenn Sie mehr Abbildungen von Katharina de' Medici und ihrer Familie sehen möchten, schauen Sie sich bitte den Bilderkatalog an.
- Lese-/Videotipps:
-
- Héritier, Jean: Katharina von Medici – Herrscherin ohne Thron. Stuttgart 1980
- Mahoney, Irene: Katharina von Medici. Königin von Frankreich – Fürstin der Renaissance. München 1977
- Micheletti, Emma: Die Medici in Florenz. Florenz 1998
- Mieck, Ilja: Die Bartholomäusnacht als Forschungsproblem. Kritische Bestandsaufnahme und neue Aspekte, S. 73-110, in: Historische Zeitschrift 216, 1973
- Margaretha von Valois: Memoiren, Briefe und sonstige Dokumente ihres Lebens. Bd. I und Bd. II, hrsg. von W. Fred. Leipzig 1912
- Maike Vogt-Lüerssen: Frauen in der Renaissance – 30 Einzelschicksale
- Maike Vogt-Lüerssen: Die Aufzeichnungen der Marquise de Rohan-Preuilly – Das Leben einer Hofdame der französischen Königin Katharina de’ Medici. Historischer Roman