"Der plötzliche Tod des Kaisers [Karl VII. Albrecht von Bayern im Jahr 1745] machte ihr [Maria Theresia] auch den Weg frei für die Erreichung ihres anderen Lieblingswunsches: Franz Stephan zum Kaiser gewählt zu sehen. Der neue Kurfürst von Bayern hatte sich im Füssener Frieden verpflichtet, bei der Kaiserwahl für Franz Stephan zu stimmen, und da Kurmainz, Kurtrier sowie Hannover ebenfalls dem Großherzog von Toskana [Franz Stephan] sicher waren, war im Kurfürstenkollegium durch die Stimme Böhmens eine Mehrheit für Franz Stephan vorhanden; schwankend waren Sachsen, dessen Kurfürst selbst die Kaiserkrone erstrebte, und Kurköln, das Frankreich gegenüber gebunden war: Preußen und Kurpfalz schließlich waren ausgesprochene Gegner, auf die man unter keinen Umständen zählen konnte. Nur sehr langsam ging die Vorbereitung zur Wahl vonstatten, zumal die französische Armee jetzt Frankfurt und damit eine freie Wahl bedrohte. Deshalb entschloß sich Maria Theresia, ihren Plan, alle Truppen, die sie in Deutschland zur Verfügung hatte, gegen Friedrich von Preußen einzusetzen, zunächst zurückzustellen, um die Franzosen aus der Gegend von Frankfurt zu vertreiben. Der Großherzog selbst ging zur Armee ab unter seinem formellen Oberbefehl - in Wahrheit leitete Traun [Graf Otto Ferdinand von Abensperg und Traun (1677-1748)], der Sieger im böhmischen Feldzug, die Operationen - wurden die Franzosen wieder über den Rhein zurückgeworfen. Trotz den preußischen Versuchen, die Wahlhandlung weiter zu verschleppen, schritt man nun endlich zur Abstimmung: nachdem die Gesandten Preußens und der Pfalz unter Protest Frankfurt verlassen hatten, wurde Franz Stephan am 13. September von den in Frankfurt verbliebenen sieben Wahlbotschaftern der Kurfürsten einstimmig zum Kaiser gewählt." (in: Peter Reinhold: Maria Theresia, ebenda, S. 137-138).
"Jetzt rüstete sie [Maria Theresia] sich zur Krönungsfahrt nach Frankfurt: der einzigen Reise während ihrer vierzigjährigen Regierungszeit, die sie über die Grenzen ihrer Staaten hinausführte. Vorher aber kämpfte sie einen heftigen Streit mit Franz Stephan durch, der für beide sehr bezeichnend ist. Sosehr ihr Herz daran hing, bei der Krönung ihres Mannes in Frankfurt sein zu können, und so entschlossen sie war, trotz der drückenden Finanznot des Staates auf der Fahrt den ganzen Prunk des Wiener Hofes zu entfalten, weigerte sie sich doch hartnäckig, den Wunsch ihres Mannes zu erfüllen, sich, wie es dem Brauch entsprach, als Kaiserin krönen zu lassen. Als Grund gab sie ihre Schwangerschaft an, und als Franz Stephan trotzdem auf seinem Wunsch beharrte, schrieb sie recht kurz angebunden zurück: 'Lieber gar nicht kommen, obwohl mich das schmerzen würde, als mich in dem Zustand, in dem ich mich jetzt befinde, krönen zu lassen.' Der Großherzog fühlte heraus, daß die Schwangerschaft nicht der wahre Grund für Maria Theresias Ablehnung war: sie hatte bisher ja niemals auf ihren gesegneten Zustand, der diesmal übrigens erst ganz am Anfang war, irgendwelche Rücksicht genommen. Er vermutete, daß Maria Theresia Bedenken trüge, sich eine Krone aufs Haupt zu setzen, die ihr nicht aus eigenem Recht, sondern nur als Frau des Kaisers zustände: er schrieb ihr deshalb aus Heidelberg, die Krönung als Kaiserin setze in keiner Weise ihre Würde als 'König' herab. ... Sie war sich sicher darüber im klaren, daß sie Franz Stephan durch ihre Weigerung kränkte und verbitterte; aber wo ihr monarchisches Selbstbewußtsein in Frage stand, konnte alle ihre Liebe zu ihrem Mann sie nicht dazu bringen, über ihren eigenen Schatten zu springen. Sie war zu herrschsüchtig und zu selbstbewußt geworden, um sich mit dem Gedanken abfinden zu können, auch nur vorübergehend eine zweite Rolle zu spielen." (in: Peter Reinhold: Maria Theresia, ebenda, S. 139-140).
Die Kaiserkrönung von Franz Stephan (oder nun Kaiser Franz I.), beschrieben bei Goethe in: Dichtung und Wahrheit, 1. Teil: "Ältere Personen, welche der Krönung Franz des Ersten beigewohnt, erzählten, Maria Theresia, über die Maßen schön, habe jener Feierlichkeit an einem Balkonfenster ... gleich neben dem Römer zugesehen. Als nun ihr Gemahl in der seltsamen Verkleidung aus dem Dome zurückgekommen und sich ihr sozusagen als ein Gespenst Karls des Großen dargestellt, habe er wie zum Scherz beide Hände erhoben und ihr den Reichsapfel, das Szepter und die wundersamen Handschuhe hingewiesen, worüber sie in ein unendliches Lachen ausgebrochen, welches dem ganzen zuschauenden Volke zur größten Freude und Erbauung gedient, indem es darin das gute und natürliche Ehegattenverhältnis des allerhöchsten Paares der Christenheit mit Augen zu sehen gewürdigt worden. Als aber die Kaiserin, ihren Gemahl zu begrüßen, das Schnupftuch geschwungen und ihm selbst ein lautes Vivat zugerufen, sei der Enthusiasmus und der Jubel des Volks auf höchste gestiegen, so daß das Freudengeschrei gar kein Ende finden könne."