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Alltagsgeschichte des Mittelalters

IV. 2. Geschirr und Besteck

Bis ins 16. Jh. hinein wurde das gewöhnliche Geschirr und auch das Besteck vorwiegend aus Holz angefertigt.

Nur die Mittelbegüterten und Reichen konnten ab dem 13. Jh. dieses einfache Geschirr durch Tonschüsseln, Zinngefäße und Becher aus grünem Waldglas ersetzen. Trinkgefäße und Krüge aus Gold, Silber oder Bergkristall gab es dagegen nur bei den Adligen und Patriziern, die dieses kostbare Geschirr jedoch nur bei besonders festlichen Angelegenheiten aus ihren Truhen hervorholten. Zum täglichen Gebrauch wurde in diesen Kreisen das Zinngeschirr bevorzugt.

Die Teller in der uns vertrauten Form sind erst im 16. Jh. aufgekommen. Vorher benutzte man statt ihrer meist runde Holz- oder Zinnplatten. Zwischen diesen Platten, die auf ihren Rückseiten mit Bildern verziert sein konnten, und den saftigen Fleischstücken befand sich im allgemeinen eine Brotscheibe, die die anfallende Flüssigkeit aufsaugen sollte. Bis zu Beginn des 13. Jhs. begnügte man sich sogar nur mit dieser Brotscheibe als Untersatz oder steckte das Fleischstückchen direkt aus der großen Schüssel in den Mund.

Das älteste Eßbesteck ist der Löffel. Der mittelalterliche Löffel wies im Gegensatz zu den unsrigen einen kurzen Stiel auf, der mit der ganzen Faust umschlossen werden konnte. Normalerweise wurde er aus Holz geschnitzt. Nur bei den Reichen gab es auch Silberlöffel oder Löffel, deren Stiele aus Elfenbein, Perlmutter oder Bergkristall angefertigt waren. Im 15. Jh. wurden die Holzlöffel schließlich von den Zinnlöffeln verdrängt. Da im Mittelalter sehr selten Suppen gegessen wurden, benötigte man dieses Eßbesteck vorwiegend, um sich der vielen Saucen bedienen zu können oder zum Verspeisen der unterschiedlichen Breie. Erst als gegen Ende des 16. Jhs. die Suppengerichte in Mode kamen, erhielten die Löffel längere Stiele.

Um Messer brauchte man sich bei den festlichen Mahlzeiten nicht zu kümmern, da die Gäste ihre eigenen stets in ledernen oder hölzernen Futteralen an ihren Gürteln trugen. Meistens wurde das Fleisch zudem schon mundgerecht zerschnitten angeboten. Dann verwendete man die spitz zulaufenden Messer nur noch zum Aufspießen der Fleischstückchen.

Die Gabel stellt das jüngste Eßbesteck dar. Obwohl sie schon im 11. Jh. durch die byzantinische Gemahlin eines Dogen in Italien eingeführt worden war, mußten noch 600 Jahre vergehen, bis sie sich endgültig im gesamten Abendland durchsetzen konnte. Die Kirche sah in diesem Eßbesteck ein Werkzeug des Teufels und wurde nicht müde zu betonen, daß Jesus seine Speisen auch nur mit der Hand in den Mund geführt hätte. Im Hochmittelalter und im Spätmittelalter bestand die Gabel nur aus zwei geraden Zinken und wurde lediglich zum Verspeisen von Obst und klebrigem Konfekt verwendet. Nur der Vorschneider bediente sich ihrer regelmäßig, um das Fleisch zu tranchieren. Erst im 17. Jh. erhielt die Gabel mit dem Aufkommen von Gemüsespeisen ihre heutige Gestalt mit den drei oder vier gebogenen Zinken.


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