Als geweihte und gekrönte Königin war Elisabeth I. im Prinzip unabhängig von den Männern an ihrem Hof. Denn nach ihrer Inthronisation besaß sie das Recht, den königlichen Rat und den königlichen Haushalt mit Leuten ihrer persönlichen Wahl zu besetzen. Die katholischen und erzkonservativen Minister, Sekretäre und Hofdamen ihrer Vorgängerin und Halbschwester Maria Tudor wurden daher fast alle von ihr aus den königlichen Diensten entlassen. Man darf zudem nicht vergessen, dass Elisabeth wie fast alle Tudors sehr selbstbewusst, energisch und entschlossen auftreten konnte. Auch die Frauen dieser englischen Dynastie – mit Ausnahme von Maria Tudor – wussten sich bei ihren männlichen Untertanen großen Respekt zu verschaffen.
Aber es gab in der Tat Situationen, in denen Elisabeth von ihrem Kronrat abhängig war. In seinem Letzten Willen hatte ihr Vater Heinrich VIII. nämlich bestimmt, dass seine Töchter Maria und Elisabeth bei der Wahl ihrer Gatten die Zustimmung des Letzteren zu erhalten hatten. Maria Tudor hatte sich, als sie Königin von England wurde, darum jedoch nicht geschert. Sie heiratete den Mann ihrer Wahl, den spanischen König Philipp II. Sie wusste, dass der Kronrat ihr nie die Zustimmung zu dieser Heirat gegeben hätte. Ihre Untertanen hassten die Spanier und alles Spanische. Nach der Verkündung ihres Heiratsplanes brachen daher, wie zu befürchten war, in ihrem Königreich Revolten und Aufstände gegen sie und ihren spanischen Gatten aus.
Die Männer am königlichen Hof waren nur in einer einflussreichen Position, wenn nach dem Tod eines Königs oder einer Königin die Nachfolge nicht gesichert war oder Streitigkeiten bei den möglichen Nachkommen auftraten, wer von ihnen dem gestorbenen Monarchen folgen sollte wie z. B. im Falle des Todes des englischen Königs Eduard VI., der die älteste Tochter seiner Cousine Frances Brandon, Jane Grey, anstelle seiner ältesten Halbschwester Maria Tudor zu seiner Nachfolgerin bestimmt hatte. Elisabeths I. Inthronisation lief ohne Zwischenfälle ab. Ihre Minister hatten es nur einmal gewagt, eigenmächtig zu handeln und zwar bezüglich der schottischen Königin Maria Stuart, die seit 1568 in England erst als Asylsuchende und dann wegen ihrer vielen Attentatsversuche gegenüber Elisabeth I. als Gefangene lebte. Maria Stuart war in der Tat eine große Gefahr für England. Sie hatte ihren zweiten Gatten Henry Stuart (oder Stewart) am 10. oder 11. Februar 1567 umbringen lassen. Im Januar 1570 hatte einer ihrer Anhänger in Schottland den Regenten ihres Sohnes Jakob VI., ihren Halbbruder James Stewart, erschossen, was dort zum Bürgerkrieg führte. Auch England musste durch Maria Stuart befürchten, ihre Königin Elisabeth I. zu verlieren. Seit 1568 waren mehrere Attentate im Auftrag von Maria Stuart gegen Elisabeth I. geplant worden, die zum Glück für die Engländer fehlschlugen.
Maria Stuart wünschte, dass die Spanier in England einmarschierten, das Land übernahmen und Elisabeth I. gefangen nahmen und hinrichteten, damit sie schließlich Königin von England und Schottland werden konnte. Die Spanier waren jedoch nur bereit, nach der Ermordung von Elisabeth I. mit ihren Truppen in England zu erscheinen. Maria Stuart hatte also selbst für die Ermordung von Elisabeth I. zu sorgen. Und das war schließlich auch das Ziel ihrer letzten großen Verschwörung, der Babington-Verschwörung im Jahr 1586. Diese Verschwörung konnte allerdings von Sir Francis Walsingham rechtzeitig aufgedeckt werden. Sechs Männer, die direkten Zugang zu Elisabeth I. besaßen, hatten den Auftrag erhalten, jene zu töten. Einer von diesen sechs Verschwörern, ein gewisser Robert Barnewell, sollte der Königin mit ihrer unbewaffneten Gefolgschaft im Richmond Park auflauern. Aber als Elisabeth I. ihn mit ihrem prüfenden Blick anschaute, verlor jener seine Nerven und zog sich zurück. Dank Francis Walsingham konnten bereits in der zweiten Woche im August 1586 alle 14 Beteiligten in dieser Verschwörung gefasst werden, und man fand zusätzlich noch die nötigen Papiere, die Maria Stuarts Mittäterschaft bewiesen.
Trotzdem war Elisabeth I. erst nach langem Zaudern und großer Gewissensbisse am 1. Februar 1587 bereit, das Todesurteil von Maria Stuart zu unterschreiben, denn jene war wie sie durch Geburt und Salbung Königin von Gottes Gnaden. Sie stellte daher die Bedingung, dass die Hinrichtung nur vorgenommen werden durfte, wenn ausländische Truppen auf Befehl von Maria Stuart in England einmarschieren sollten. Diese Bedingung akzeptierte ihr Kronrat jedoch nicht. Ohne Elisabeths I. Wissen erließen ihre Minister den Befehl, Maria Stuart am 8. Februar 1587 hinzurichten. Und damit hatten sie dafür gesorgt, dass, als im Jahr 1588 die spanische Armada-Flotte von Philipp II. England angriff, sämtliche Engländer geeint hinter Elisabeth I. standen. Die Alternative „Maria Stuart“ gab es nicht mehr.
Im Prinzip durften Elisabeths I. Minister nur dann selbst handeln, wenn jene es ihnen erlaubte wie z. B. im Falle der Wahl ihres Nachfolgers. Im März 1603 war Elisabeth I., die unter sehr schweren Zahnschmerzen litt, lebensmüde geworden. Sie war tiefgläubig und wünschte sich über alles dort zu sein, wo sich ihre bereits gestorbenen Liebsten u. a. ihre Stiefmutter Katharina Parr, ihre „große Liebe“, Lord Robert Dudley, ihre Halbschwester Katherine Carey, Lady Knollys, und ihre Nichte und geliebteste Hofdame Katherine Carey, Gräfin von Nottingham, befanden. Es interessierte sie nicht, wer ihr Nachfolger wurde: der schottische König Jakob VI. oder Arbella Stuart. Der Kronrat erhielt daher die Erlaubnis, den nächsten König von England zu wählen, und dieser entschied sich für den schottischen König, der eigentlich im Letzten Willen der beiden englischen Könige Heinrich VIII. und Eduard VI. als möglicher König auf dem englischen Thron ausgeschlossen war. Die andere Kandidatin, Arbella Stuart, war zwar im englischen Volk beliebter, aber das Zeitalter, in dem Frauen zu den höchsten Positionen in der menschlichen Gesellschaft aufsteigen konnten, hatte sich dem Ende zugeneigt. Wortgewaltige Männer der Gegenreformation und der protestantischen Bewegung wie z. B. der schottische Calvinist John Knox (1514-1572) wetterten ständig gegen das weibliche Geschlecht und besonders gegen weibliche Herrscherinnen: „Eine Frau in eine Position zu erheben, dass sie regiere, bedeute den Thron und Sitz Gottes zu verunreinigen, zu beschmutzen und zu entweihen“, und „Eine Frau, die über einen Mann regiere, sollte entfernt werden. Diejenigen, die solch eine Gottlosigkeit verteidigen, sollten getötet werden. Eiden, die man solchen Monstern [den Königinnen der Welt] gegeben hätte, seien nicht bindend.“ Im Jahr 1595 diskutierten protestantische Geistliche sogar über: „ ... ob die Weiber Menschen seyn oder nicht?“
Für die Frauen des 17. Jahrhunderts bedeutete diese Feindlichkeit ihnen gegenüber einen gewaltigen Rückschritt in die Zeit der Antike und des Mittelalters, in denen Männer wie Aristoteles und Thomas von Aquin sie als „minderwertige Menschen“ beschrieben. Aristoteles erklärt uns in seinen Schriften, dass das perfekte Geschöpf auf Erden, der Mann, eigentlich nur Jungen zeugen könne, wenn sein Samen in Ordnung sei. Nur aus einem schadhaften Samen könnten Mädchen hervorgehen. Laut Thomas von Aquin, der sich nicht vorstellen konnte, dass das perfekte Geschöpf auf Erden je von sich aus schadhaften Samen produziere, müssten widrige Umstände wie z. B. feuchte Südwinde mit viel Niederschlägen die Ursache für die Produktion von Mädchen sein. Kurz und nicht gut: Wir Frauen sind missglückte Männer oder unvollkommene Menschen, wie es uns ja auch heute noch die englische Sprache zu verstehen gibt: „female = inferior male“.