Mittlerweile ist nun wirklich überall in der Welt zu lesen, Peter Phillips hatte sich zwischen seine beiden Cousins, die Prinzen Harry und William, stellen müssen, weil jene sich nicht mehr ausstehen könnten. Ja, es reicht ein einziger dummer Journalist aus, um solchen Unsinn in der ganzen Welt zu verbreiten. Denn viele seiner ebenfalls ignoranten Kollegen folgen ihm, da sie sich ebenfalls nicht mit den Traditionen der Vergangenheit auskennen.
Seit Tausenden von Jahren ist die Position von Personen in einer Dreiergruppe traditionsgemäß festgelegt. Wo steht schließlich noch heute auf dem Siegerpodest bei den Olympischen Spielen der „Sieger“ (der „Ranghöchste“ oder der „Älteste“)? Bei einer Trauerfeier wie der von Prinz Philipp, am 17. April 2021, auf der auf militärische Ränge und Titel verzichtet wurde – was den Tod betrifft, sind wir alle gleich –, zählt nur noch das Alter der drei Enkelsöhne des Prinzen Philipp, und dem Ältesten von ihnen gebührt der Platz in der Mitte, Peter Phillips (geboren im Jahr 1977). An dessen rechten Seite (der „guten“ Seite) befindet sich der Zweitälteste, Prinz William (geboren im Jahr 1982), und an dessen linken Seite (der „schlechten“ Seite) der Jüngste, Prinz Harry (geboren im Jahr 1984) (Abb. 1). Wir werden von der königlichen Familie in England nichts über das Verhältnis der beiden Brüder erfahren. Und sie sind mit Sicherheit nicht getrennt worden, weil sie es für unerträglich hielten, nebeneinander zu gehen. Schließlich berichteten die Journalisten uns bei der Trauerfeier anlässlich ihres Großvaters ja auch überraschend, dass die Brüder miteinander sprachen. Eine über mehrere Jahrtausende währende Tradition schrieb den drei Enkelsöhnen des Prinzen Philipp vor, wo sie zu stehen hatten. Und diese Tradition macht es uns Historikern leicht, die auf einem Foto, einem Gemälde oder einer Münze dargestellten Personen zu identifizieren und uns etwas, falls es sich nicht um eine Trauerfeier handelt, über ihre Position in ihrer Familie zu erzählen.
In unserer Zeit kann man sich kaum noch vorstellen, wie wichtig in der Vergangenheit der Rang und damit die Position in einem Gefolge war. Es gab diesbezüglich in allen Dynastien große Reibereien und Streitigkeiten wie z.B. zwischen den Este und den Medici im 16. Jahrhundert: "Nach dem Tod der Lucrezia [de' Medici] 1561 begann die alte Rivalität der Este mit den Medici von Neuem; es erhob sich die Frage, welche die vornehmere Familie sei und in diplomatischer Hinsicht, vor allem am Kaiserhof, den Vortritt habe. Dieser Streit geht vor allem auf das Jahr 1541 zurück, als Kaiser Karl V. beim Besuch von Lucca Ercole II. d'Este an seiner rechten Seiten reiten ließ und ihn damit öffentlich auszeichnete, während Cosimo I. de' Medici links von ihm verbleiben musste." (in: Nozze italiane – Österreiche Erzherzoginnen im Italien des 16. Jahrhunderts. Ausstellungskatalog des Kunsthistorischen Museums, Wien 2010, S.120).
Auch die drei Söhne des im Jahr 2002 verstorbenen Prinzen Claus von Amsberg zeigen sich bei dessen Trauerfeier in den gleichen Positionen: Dem ältesten Sohn, Willem-Alexander (geboren im Jahr 1967), gebührt der mittlere Platz, zu seiner rechten Seite befindet sich sein Bruder Johan Friso (geboren im Jahr 1968) und zu seiner linken Seite sein jüngster Bruder Constantijn (geboren im Jahr 1969) (Abb. 2). Im niederländischen Königshaus wird diese alte Tradition außer auf Trauerfeiern auch noch bei den offiziellen Fotos der Königsfamilie eingehalten. Bei drei Schwestern, die die gleichen Eltern aufweisen, nimmt die Älteste stets die mittlere, die Zweitälteste die linke und die Jüngste die rechte Position ein (Abb. 3)
Wenn wir also in einem Kunstmuseum oder einer Gemäldegalerie drei Schwestern dargestellt finden, wissen wir genau, wer wer ist (Abb. 4, Abb. 5, Abb. 6, Abb. 7).
Wer also von den drei Töchtern von Germanicus und Agrippina der Älteren die Älteste war, ist wegen dieser alten Tradition daher leicht auszumachen. Die älteste Tochter nahm in der patriarchalischen Gesellschaftsstruktur des römischen Reiches eine ganz besondere Stellung ein. Sollte nämlich keiner ihrer Brüder überleben, wurde sie zur Erbtochter. Im Falle von Agrippina der Jüngeren und ihren Schwestern nahm auf der besagten Münze diese wichtige Position, den mittleren Platz, (Julia) Drusilla, ein, die uns hierdurch schon mit Hilfe der Kunst, einem sehr wichtigen Instrument der Propagandamaschinerie zu allen Zeiten, zeigt, dass sie die älteste Tochter von Germanicus und Agrippina der Älteren war.
Da in der Vergangenheit unserer Geschichte das hochwertige Geschlecht der Mann war – wir Frauen wurden als minderwertige Menschen betrachtet –, spielt das Alter eines männlichen Kindes, wenn es mit seinen Schwestern abgebildet wurde, keine Rolle. Er ist das wichtigste Kind und wird der Erbe seines Vaters werden. Daher gebührt ihm wie hier (Abb. 8) Britannicus (41 - 55 n. Chr.), dem Sohn des römischen Kaisers Claudius, der mittlere Platz. Sollte ihm etwas geschehen, dann wäre ihm seine jüngere Schwester, Claudia (Octavia) (39/40 - 62 n. Chr.), zu seiner rechten Seite (also links) und nach auch ihrem Tod ihre gemeinsame ältere Halbschwester (Claudia) Antonia (27/28 - 65 n. Chr.) zu seiner linken Seite (also rechts) gefolgt. Obwohl (Claudia) Antonia auf dieser Münze das älteste Kind des römischen Kaisers Claudius gewesen ist, hatte sie wegen ihres Geschlechtes und wegen ihrer Mutter, Aelia Platina, die von minderwertiger Herkunft als die Mutter von Claudia (Antonia) und Britannicus, Valeria Messalina, war, in der Erbfolge ihres Vaters den dritten Platz eingenommen.
a. Charlotte Maria (links), Elizabeth Laura (in der Mitte) und Anna Horatia (rechts)
b. Aemilie oder Emelia (links), Sibylle oder Sibilla (in der Mitte) und Sidonie oder Sidonia (rechts)
c. wie b.
d. Drusilla (15 - 38 n. Chr.) war die Älteste, dann folgten Agrippina die Jüngere (16 - 59 n. Chr.) und Julia Livilla (18 - 41 n. Chr.).