Jeanne Bécu erblickte am 19. August 1743 oder am 19. August 1744 in Vaucouleurs als uneheliches Kind der Näherin (oder Köchin) Anne Bécu das Licht der Welt. Wahrscheinlich handelte es sich bei ihrem Vater um einen Mönch mit dem Namen Jean-Baptiste Gomard de Vaubernier. Da die Zukunftsaussichten für Mutter und Kind in Vaucouleurs alles andere als rosig aussahen, begab sich Anne Bécu mit ihrer Tochter nach Paris, wo sie eine Affäre mit dem begüterten Armeelieferanten Billard-Dumonceaux begann, der sie schließlich im Jahr 1749 mit einem seiner Angestellten, einem gewissen Nicolas Rançon, verheiratete. Vermutlich wollte er somit verhindern, dass seine schwangere Geliebte erneut ein uneheliches Kind - in diesem Fall sein eigenes Kind - zur Welt brachte. Nicholas Rançon hatte mit der Heirat seine Pflicht erfüllt und wurde sogleich nach Korsika abgeschoben, wo er für seinen Chef als Lagerverwalter arbeiten sollte. Jeanne Bécu wurde zur Zeit der Heirat ihrer Mutter, als sie also sechs Jahre alt war, dem Kloster Sainte-Aure übergeben, wo sie neun Jahre lang bleiben sollte und eine rudimentäre Erziehung erhielt. Als sie mit 15 Jahren das Kloster wieder verließ, hatte sie sich wie ihre Mutter zu einer großen Schönheit entwickelt. Sie besaß ein makelloses, ovales Gesicht, blaue, halbgeschlossene Augen und blondes, lockiges Haar. Zuerst versuchte sie sich ihren Lebensunterhalt als Gesellschafterin bei einer gewissen Madame de la Garde, dann als Kundenmagnet in einer bekannten Modeboutique 'La Toilette' in der rue Neuve-des-Petits-Champs zu verdienen, bis sie im Jahr 1763 dem Adligen Jean du Barry begegnete, der sich in Paris einen Namen als eine Art Nobelzuhälter gemacht hatte. Er erklärte Jeanne zu seiner Mätresse, kleidete sie prächtig ein, versah sie mit teurem Schmuck und führte sie bei ihren gemeinsamen Besuchen in der Oper und im Theater möglichen Kunden vor. Jeanne wurde von ihren Zeitgenossen mittlerweile als groß, wohlgestaltet, elegant und mit einem wunderschönen Gesicht beschrieben. Sie war nicht besonders intelligent oder geistreich, nicht ehrgeizig, interessierte sich überhaupt nicht für die Politik, galt aber als fröhlich, liebenswürdig, sehr verschwenderisch, den Luxus liebend und sehr sexy. Schließlich kam Jean du Barry zu der Auffassung, dass Jeanne zu etwas Höheren bestimmt worden sei. Sie sollte die nächste maîtresse en titre des französischen Königs werden. Und so geschah es, dass Ludwig XV. im Frühjahr 1768 rein zufällig in seinem Schloss von Versailles Jeanne du Barry begegnete und völlig entzückt von ihr war. "Jeanne war nicht nur wie geschaffen für die Liebe, sie verfügte auch über einen reichen Schatz an Erfahrung auf dem Gebiet der Erotik und beherrschte die Kunst des Liebesspiels wie keine andere Frau, die der König je besessen hatte. Es ist also nicht weiter verwunderlich, daß sich der alternde Monarch bei diesem schönen, sinnlichen und vollkommen unkomplizierten Geschöpf wieder jung und beschwingt fühlte. Doch Jeanne hatte auch noch anderes zu bieten als Sex, denn sie war überaus warmherzig und liebevoll, bewunderte den König aufrichtig und empfand für ihn wahrscheinlich wirklich so etwas wie Liebe. All dies machte sie für Ludwig XV. noch anziehender, als sie es durch ihre makellose Schönheit ohnedies schon war." (in: Helga Thoma: "Madame, meine teure Geliebte ..." - Die Mätressen der französischen Könige, ebenda, S. 188).