"Ferdinand war von mittlerer, ja eher kleiner Statur, etwas vierschrötig [kräftig, breit, gedrungen], doch wol gebaut. In spätern Jahren verunstaltete ihn eine immer mehr zunehmende Dickleibigkeit. Sein Haar war rötlich, mit zunehmenden Jahren färbte es sich dunkler. Für gewöhnlich trug er nicht den damals so beliebten spanischen Knebelbart, sondern Vollbart. Das länglich gebaute Gesicht durchschnitt die ebenförmige langkantige Nase, über der sich eine ziemlich hohe Stirn, doch nicht ins Breite gehend, erhob. Die Lippen, ein wenig schwulstig, erinnerten an die habsburgische Abstammung. Im Gesicht prägte sich eine gewisse Heiterkeit und Jovialität aus, der Lebemann blickte ihm wol aus allen Gliedern. In der Jugend, so sagte man, hatte der Erzherzog sehr grosse Aehnlichkeit mit seiner Mutter; auch dem Vater nicht unähnlich in äussern Zügen, hat er von demselben namentlich die Umgangsformen angenommen ... Zeitgenössische Beobachter heben einstimmig sein soldatisches Wesen hervor. Voll Vorliebe für die Waffen, sagt Tiepolo, widmet der Erzherzog diesen die meiste Zeit ... Dem Gesandten Michiel erschien er ganz Soldat, ganz Deutscher, freimütig, kein Freund von Förmlichkeiten. ... Ritterliches Exercitium, andere Körperübungen mancherlei Art, verschiedene Jagdstrapazen, das alles vergrösserte noch wesentlich seine Körperkraft. ... Ferdinands kriegerisches Naturell bringt ein Venezianer in Zusammenhang mit einer gewissen Härte gegenüber seinen Untertanen: der Erzherzog ist mistrauisch und eigensinnig, er will eigentlich nicht blos geachtet, er will vielmehr gefürchtet sein. ... Katholik aus Ueberzeugung, wollte er die Kirche im vollen Umfang seiner Länder aufrecht erhalten. ... Seine treue Anhänglichkeit an die Kirche, welche, im Gegensatz zu den Brüdern, niemals ins Schwanken geriet, soll ihn besonders zum Lieblingssohn des Kaisers gemacht haben. ... Er war versirt in mehreren Sprachen: ausser dem Deutschen sprach er auch das Böhmische ganz geläufig, mittelmässig das Lateinische; Italienisch und Polnisch war ihm nicht unbekannt [angeblich sprach er auch Französisch und Spanisch] ... Historisches wie künstlerisches Interesse und Verständnis hat er in unzähligen Fällen an den Tag gelegt [er galt als großer Mäzen und als ein Meistersänger] ... Aber ein staatsmännisch weiter Blick und reformeifriges Handeln in den wichtigsten Fragen der auswärtigen Beziehungen und der innern Verwaltung war ihm so wenig gegönnt, wie den meistern seiner regierenden Zeitgenossen ... in höherm Alter stellte sich, wol in Folge körperlicher Leiden, ein verdriessliches, arbeitsscheues Wesen ein, so das vieles liegen blieb, ja selbst eine Audienz erst nach öfterem, durch mehrere Wochen wiederholtem Ansuchen zu erlangen war. ... [er horchte in der Wahl seiner ersten Gattin] nicht auf die gebieterischen Forderungen seines Ranges und Standes, sondern nahm sich das Recht heraus, nur der Stimme seines Herzens zu folgen. Und zweifellos sind die 23 Jahre seiner Ehe mit Philippine die glücklichsten seines Lebens gewesen. Sie stand ihm erheiternd und pflegend zur Seite, sie bannte die unlautern Triebe im sinnlichen Manne; durch sie und so lange sie lebte, war er ein musterhafter, treuer Gatte. Vor der Vermählung mit der Welserin und nach ihrem Tode hat Ferdinands Hof des ehrenden Rufes guter, züchtiger Sitte entbehrt. Aber so lang sie die Seine ist, macht sich gegen ihn auch nicht der leiseste Vorwurf eines zweideutigen, unwürdigen Wesens bemerkbar. Des Erzherzogs zweite Vermählung war eine Convenienzheirat. Dass seine Söhne, die er mit der geliebten Philippine erzeugt, der Rechte fürstlicher Nachkommenschaft nicht im vollen Umfange teilhaftig werden sollten, konnte er nie verschmerzen. Noch mehr erfüllte ihn mit Bitterkeit, dass er an seinen Neffen wahrzunehmen glaubte, wie sie auf den Zeitpunkt seines Ablebens nur warteten, um von der Ausschliessung der Söhne von der Succession sogleich eigennützigen Gebrauch machen zu können. Die zweite jugendliche Gattin, schon dem Alter nach weit von ihm abstehend, hat ihm Philippinen nicht ersetzt. Die schönen, verklärenden Züge der ersten Ehe sind in der zweiten nicht mehr zu finden. Nun kamen noch dazu die Verdriesslichkeiten mit den heranwachsenen Söhnen, und so ward es im höfischen Familienkreis mit den spätern Jahren immer düsterer. Ferdinands Freigebigkeit gegen Vertraute und Freunde war fast unbegrenzt. Doch wurde daneben auch der wahrhaft Dürftigen nicht vergessen. Bei Wasser- oder Feuerschäden erfloss alsbald eine namhafte fürstliche Spende, in den inficierten Orten bekamen Kranke und Krankenwärter Gnadengaben. ... Wer einmal das Vertrauen des Erzherzogs erworben, für den fiel die Schranke ceremoniöser Formen, der Verkehr war wie unter gleichen. Man sehe nur, wie einer dieser nähern Freunde, der Italiener Marino Rossi, an Ferdinand schreiben darf: 'Mein lieber Ferdinand! Ich lass dir tausendmal griesen, ich bedank dir tausendmal umb dein kerzen und dein glas, ich hab gehört du wellest bald hinweggen, ich (tue) unser gott bitten, dass du guet glück auf der reis hast, ich wolt gern bei dir sein, aber es mag nit sein, ich lieg da auf dem bett und hab die podagra an hend und fiess, ich schrei tag und nacht mehr sterker denn die pfaffen in der kirchen, mein lieber Ferdinand.' ... [Ferdinand] stand wenigstens im Gerede eines überstürzenden Hitzkopfes. Und manchmal hat ihn der Augenblick zu unwürdiger Härte hingerissen. Da ein Tischler eine Arbeit für den Tiergarten nicht zur bestimmten Stunde fertig stellt, lässt er denselben sogleich in Eisen schlagen und gefesselt die Bestellung vollenden. Vielleicht waren es ähnliche Akte aufbrausenden Zorns, welche dem Erzherzog von Seite eines Fuggers das Attribut eines Tyrannen eintrugen. Wir konnten beobachten, mit welcher Eifersucht Ferdinand auf die Wahrung seiner fürstlichen Reputation achtete. Auch für den leisesten Hauch, welcher den blanken Schild äusserer Fürstenehre trüben konnte, hatte er ein ausserordentlich feines Gefühl. Auf äusserliche Standesehre hielt er auch bei seinem Landadel, und nicht zum wenigsten auf standesgemässe Ehen. Der fürstliche Gemahl der bürgerlichen Welserin bestrafte Herrn Georg Füger, den Salzmaier, mit schwerer Ungnade, weil derselbe seine Haushälterin gefreit. Füger erklärte dagegen, er habe 'der Katerl die ehe versprochen'; seine Treue könne Niemand erschüttern; übrigens, setzt er in kaum miszuverstehender Weise bei, sei ja bekannt, dass auch vornehme Leute ungleiche Ehen eingiengen. Dieses hochfürstliche Selbstgefühl hat gleichwol den Erzherzog dem gemeinen Mann nie ganz entrücken können. Er weilte gern unter dem Volke und ergötzte sich an seinen Gebräuchen. ... Gegen Frauen pflegte Ferdinand sehr galant zu sein. ...[Und Ferdinand war handwerklich begabt.] Ferdinand hatte sich eine ganze Reihe mechanischer Werkstätten angelegt: eine, wo man Gewehrrohre goss und ausarbeitete, einen Ofen nebst Schmiede zur Erzeugung niedlicher Gegenstände in Gold und Silber, eine Drechslerbank, worauf er hübsche Holzfiguren fabricierte, endlich selbst eine Glasbläserei. Goldene und silberne Zierstücke, die er mit grosser Meisterschaft erzeugte, verschenkte er gewöhnlich an die Domestiken. Mit Diring, dem Schlosser, arbeitete er in der Schlosserei auch an grösseren Objekten, wie an Tabernakeln u. degl. ... Zum Metallguss hatte er solche Vorliebe ... Gar nicht selten trifft man den Erzherzog auf Reisen. In jungen Jahren besuchte er Italien, Frankreich, die Niederlande und Ungarn [es waren eher diplomatische und militärische Missionen als Urlaubsreisen.] ... Die ersten Jahre seiner tirolischen Regierung litt es ihn nie lange in seiner Residenz. Badefahrten, Besuche der Vorlande und des Kaiserhofes, die Hochzeiten des Herzogs Wilhelm [V. von Bayern] und des Erzherzogs Karl [II.], Kindstaufen in München und Graz führten ihn nach kurzem Aufenthalt immer wieder ausser Landes. ... Im Jänner des Jahres 1579 machte er sich mit seinem Sohn Karl auf den Weg nach Venedig, wobei sich Erzherzog Maximilian [sein Neffe, Sohn seines Bruders Maximilian II.] und Herzog Ferdinand von Baiern [sein Neffe, Sohn seiner Schwester Anna] anschlossen ... Diese Reise diente ... nur dem Vergnügen [Inkognito wurden noch Ferrara und Mantua besucht.] ... Ferdinands Gesundheit zeigt sich schon in seinem jugendlichen Alter bedenklich zerrüttet [er leidete unter Schmerzen im Magen und am Herzen, Schwindelgefühle und großer Angst - es scheint sich um eine psychosomatische Erkrankung zu handeln]." (in: Dr. Joseph Hirn: Erzherzog Ferdinand II. von Tirol - Geschichte seiner Regierung und seiner Länder. II. Band, ebenda, S. 505-515).