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Die Wettiner

Albrecht der Stolze († 1195) und Dietrich der Bedrängte († 1221)

Nach dem Tod von Otto dem Reichen am 18. Februar 1190 wurde sein älterer Sohn, Albrecht der Stolze, sein Nachfolger. Was jedoch nicht bedeutete, dass sein jüngerer Sohn, Dietrich der Bedrängte, der mit der Herrschaft von Weißenfels ausgestattet worden war, auf seine Erbansprüche bezüglich der Markgrafschaft von Meißen verzichtete. Als dieser in der Mitte des Jahres 1190 von einem Kreuzzug in Palästina zurückkehrte, auf dem er mit Kaiser Friedrich Barbarossa noch zu Lebzeiten seines Vaters aufgebrochen war, brach der Konflikt zwischen den Brüdern offen aus. Der Bruderkrieg zwischen Albrecht und Dietrich sollte zudem nicht der Einzige in der Geschichte der Wettiner sein. Durch Erbfolgestreitigkeiten, die zwischen Brüdern und auch zwischen Vätern und ihren Söhnen und Cousins ausgefochten wurden, gefährdete diese sächsische Dynastie ihre Herrschaft, ihren hohen fürstlichen Rang und ihre Machtposition bis ins 16. Jahrhundert hinein immer wieder. Die kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Brüdern währte bis zum Tod von Albrecht am 24. Juni 1195. Albrechts Gattin, Sophia von Böhmen, die er am 23. April 1186 geheiratet hatte, war bereits drei Monate zuvor, am 25. März 1195, gestorben. Sie hatte ihrem Gatten nur eine Tochter, Christina, geschenkt, die noch im Jahr 1251 gelebt haben soll. Da Albrecht somit keine männlichen Erben hinterließ, fiel sein Reichslehen wieder an das Reich zurück. Kaiser Heinrich VI. entschied sich dafür, die Markgrafschaft von Meißen selbst zu verwalten und nicht an Albrechts jüngeren Bruder Dietrich zu übergeben. Erst als Heinrich VI. im September 1197 in Italien starb und die politische Situation durch die beiden Gegenkönige Philipp von Schwaben und Otto IV. im Heiligen Römischen Reich sehr unsicher wurde, wagte Dietrich es, die Markgrafschaft von Meißen für sich zu erobern. Hinterher schloss er sich dem Staufer Philipp von Schwaben, dem jüngsten Bruder des verstorbenen Kaisers Heinrich VI., an, der ihn schließlich im Jahr 1199 formell als Markgraf von Meißen anerkannte. Als Dietrichs Cousin Konrad II., ein Sohn seines Onkels Dedo V., im Jahr 1210, ohne männliche Erben zu hinterlassen, verstarb, wurde er schließlich nach einer Zahlung von 15.000 Mark an den welfischen Kaiser Otto IV. auch noch mit der Markgrafschaft von der Ostmark belehnt, so dass er sich nun wie sein Großvater Konrad der Große Markgraf von Meißen und Markgraf von der Ostmark nennen durfte. Nach dem Aussterben der Erblinie seines Onkels Heinrich im Jahr 1217 wurde der Eigenbesitz der Grafen von Wettin zwischen ihm und seinem Cousin Friedrich II. von Brehna, den einzigen noch lebenden Enkeln von Konrad, aufgeteilt.

Der Beiname von Dietrich dem Bedrängten ist sehr irreführend, denn in der Auseinandersetzung zwischen den Brüdern war er der Aggressor, der sich mit dem Gebietsanteil, der ihm im neuen Testament seines Vaters im Jahr 1189/90 zugeteilt worden war, nicht zufrieden gegeben hatte. Er und seine Nachkommen sind zudem dafür verantwortlich, dass Albrecht der Stolze in die wettinische Geschichte als „Tyrann“ einging, „dessen Schlechtigkeit noch dadurch zum Ausdruck kam, daß sein Leichnam einen unerträglichen Gestank verbreitete.“ (in: Stefan Tebruck, Die Reinhardsbrunner Geschichtsschreibung im Hochmittelalter: klösterliche Traditionsbildung zwischen Fürstenhof, Kirche und Reich, Frankfurt am Main 2001, S. 267). Im Jahr 1193 oder 1194 hatte Dietrich die Tochter seines engen Verbündeten, des Landgrafen Hermann I. von Thüringen († 1217), Jutta (um 1183 - 1235), geheiratet. Es war eine politisch motivierte Eheschließung. Die Petersberger Chronik berichtet: "Weil ihm [Dietrich dem Bedrängten] das Mädchen [Jutta] wegen ihrer Hässlichkeit missfiel, lehnte er zunächst ab [sie zu heiraten], aber unter dem Druck seiner Notlage stimmte er schließlich zu und nachdem die Ehe geschlossen war, begann er mit Hilfe des Landgrafen [Hermann I. von Thüringen, seinem Schwiegervater] seinem Bruder überlegen zu scheinen." (in: Sachsens Heimliche Herrscher – Die starken Frauen der Wettiner, Ute Essegern (Hg.), Dresden 2008, S. 21). Jutta von Thüringen, die laut der historischen Quellen "abstoßend nach Gestalt und Angesicht ... und blödsichtig [sie schielte]" war, schenkte ihrem Gatten drei Söhne und drei Töchter. Die ersten beiden Söhne, Otto und Konrad, starben bereits in jungen Jahren. Der dritte Sohn, der schließlich der Nachfolger seines Vaters werden sollte, wurde im Jahr 1218 geboren und erhielt den Namen Heinrich. Die Töchter hießen Hedwig († 1235), Sophia († 1280) und Jutta. Dietrich hatte zudem zwei illegitime Söhne, Dietrich († 1272), Bischof von Naumburg, und Heinrich († 1259), Propst des Domkapitels von Meißen. Seine Tochter Hedwig verheiratete er mit dem Grafen Dietrich IV. von Kleve († 1260) und seine Tochter Sophia mit dem Grafen Heinrich von Henneberg-Schleusingen († 1262). Dietrich der Bedrängte, der genaue Vorstellungen bezüglich seiner Nachfolge hatte, verordnete, dass, falls zum Zeitpunkt seines Todes sein Sohn Heinrich noch unmündig sein sollte, nicht seine eigenen Verwandten, die Grafen von Brehna, die Vormund- und Regentschaft übernehmen sollten, sondern der Halbbruder seiner Gattin Jutta, der Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, der Gatte der Heiligen Elisabeth. Als er am 17. Februar 1221 verstarb, war daher trotz des jungen Alters seines Nachfolgers, Heinrich des Erlauchten, der erst drei Jahre alt war, für den Fortbestand der Dynastie bereits alles geregelt gewesen.


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