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Alltagsgeschichte des Mittelalters

XI. 4. Das Leben in einem Frauenkloster

In Italien hatte es seit der zweiten Hälfte des 4. Jhs. Frauenklöster gegeben. Zu dieser Zeit waren sie ihrer Funktion nach christliche Versorgungsanstalten für unverheiratete adlige Frauen. Diese Aufgabe blieb den Nonnenklöstern auch im Mittelalter erhalten. Denn viele Töchter der Adligen und Patrizier wurden wegen der ständigen Erhöhung der Mitgiften, die ihre Verheiratung aus finanziellen Gründen unmöglich werden ließ, schon sehr früh in Nonnenklöster gesteckt. So war für Mädchen der unteren Bevölkerungsschichten im Kloster kein Platz mehr vorhanden. Sie konnten nur als Konversinnen Aufnahme finden, die die schweren körperlichen Arbeiten im Kloster übernehmen mußten, oder sich als Beginen zusammentun.

Die Beginen, die an ihren grauen Gewändern und ihren schwarzen Wolltüchern zu erkennen waren, unter denen sich eine weiße Kapuze und ein weißer Schleier befanden, lebten in den Städten und verdienten sich, wenn das Stiftungsvermögen nicht ausreichte, auch als Leichenbitterinnen oder Klageweiber ihren Lebensunterhalt. Im Prinzip lebten sie wie die Nonnen, mußten sich ebenfalls in die Beginengemeinschaft einkaufen und ein Probejahr über sich ergehen lassen. Außerdem war man, wenn man in der Schwesterngemeinschaft lebte, zur Keuschheit verpflichtet. Im Unterschied zu den Nonnen jedoch konnte man jederzeit aus der Gemeinschaft austreten und heiraten. Auch behielten die Beginen ihr eigenes Vermögen sowie das Verfügungsrecht darüber.

Eine bestimmte Ordensregel nur für die Nonnenklöster existierte nicht. Die Zisterzienserinnen z.B. hatten sich nach der Benediktregel und den Prinzipien ihrer Gründungsväter zu richten. Es wurde ihnen vorgeschrieben, daß ihre Kleidung aus grober, ungefärbter Schafwolle anzufertigen war. Ihre Tracht bestand aus einem weißen Ärmelrock, der bis eine Handbreit über den Boden reichte, einem etwas kürzeren schwarzen Skapulier, das schürzenartig über Brust und Rücken lag und eine Kapuze besaß, und einer weißen Kukulle, die glockenförmig bis zu den Knöcheln reichte und mit überlangen und überweiten Ärmeln und ebenfalls mit einer Kapuze versehen war. Dazu gehörte natürlich noch das weiße Kopftuch und der schwarze Schleier. Damit die schmutzigen Kleidungsstücke gewaschen werden konnten, gab es alles in zweifacher Ausfertigung.

Die Aufnahme ins Kloster geschah im allgemeinen im Kindesalter. Die Eltern hatten im Laufe des Mittelalters den Eintritt durch immer großzügigere Geschenke – wie Liegenschaften, Hofgüter, Häuser, Wiesen, Äcker, Weinberge, Zehntrechte – zu erkaufen. Auch die Konversinnen hatten Eintrittsgelder zu zahlen, wenn auch von bescheideneren Ausmaßen.

In der inneren Schule wurden die aufgenommenen Mädchen, die Nonnen werden sollten, in Lesen, Schreiben und Singen unterrichtet. Mit 12 Jahren bestand bei manchen Orden die Möglichkeit, wieder auszutreten und in die Familie zurückzukehren, falls die Eltern oder Vormünder damit einverstanden waren; sonst wurden die Mädchen mit 12 oder 14 Jahren zur Nonne "geweiht". In dieser Profeß legten sie das Gehorsams- und Keuschheitsgelübde ab. Dabei glich diese Zeremonie in mehreren Hinsichten einer Hochzeit. An den Finger der zukünftigen Nonne wurde ein Ring gesteckt, und aufs Haupt setzte man ihr die Brautkrone. Eine ihrer Antworten, die sie geben mußte, lautete: "Ich liebe Christus, in dessen Bett ich eingestiegen bin." Nachdem sie den Friedenskuß erhalten hatte, wurde sie ermahnt, sich und die Welt gänzlich zu vergessen, in glühender Liebe ihren Geliebten (Jesus Christus) zu umarmen, der vom Himmel hernieder in ihre Brust gekommen sei, und ihn solange festzuhalten, bis er ihr gegeben habe, was sie sich wünsche.

Ist es da verwunderlich, daß die von solchen Gedanken erfüllten Nonnen häufig scheinschwanger wurden?

Über die einzelnen Positionen oder Ämter, die in einem Frauenkloster eingenommen werden konnten, klärt Abaelard auf. Seiner Meinung nach erforderte die gesamte Verwaltung sieben leitende Schwestern: eine Äbtissin, eine Vorsängerin, eine Meßnerin, eine Krankenschwester, eine Kleiderbewahrerin, eine Verwalterin und eine Pförtnerin.

Die Äbtissin sollte mindestens 40 Jahre alt sein. Am besten wäre es, so meinte Abaelard, sie zählte 60 Jahre, weil sie dann "ihre Sittlichkeit genügend unter Beweis gestellt hätte". Dabei war die Tochter Ottos I. († 973), Mathilde († 999), gerade 11 Jahre alt, als sie im Jahre 966 zur Äbtissin von Quedlinburg ernannt wurde! Na, ja, sie war eben von hohem Adel!

Als Äbtissin war man wie der Abt für das geistliche wie für das körperliche Wohl der Untergebenen verantwortlich, die wiederum ihrer Oberen gegenüber zu unbedingtem und uneingeschränktem Gehorsam verpflichtet waren. Wichtige Angelegenheiten hatte die Äbtissin vor dem Konvent zu beraten, in kleineren Problemfällen entschied sie selbst. Wie der Abt wurde sie bei ihrer Einsetzung geweiht und mit dem Hirtenstab und der Mitra als Zeichen ihrer Lehr- und Rechtsprechungsgewalt ausgestattet. Im Gegensatz zu den Äbten durfte sie jedoch keine Weihen vornehmen.

"Die Vorsängerin leitet den ganzen Chor. Sie sorgt für die musikalische Ausgestaltung der Gottesdienste und gibt die Singestunden; sie lehrt Noten lesen, schreiben und diktieren. Ihr untersteht auch die Bücherei; sie gibt die Bücher aus und zieht sie wieder ein, sie kümmert sich um das Schreiben und Ausmalen der Bücher. Sie ordnet an, auf welcher Seite jede Schwester im Chor sitzt, und verteilt die Plätze. Sie bestimmt die Schwestern, die vorzulesen und zu singen haben, und wird die Liste führen, die an jedem Sonnabend beim Kapitel verlesen wird, und in der alle Schwestern vom Wochendienst aufgeführt werden. Sie muß im Schreiben wohl bewandert sein und vor allem gute Kenntnisse in der Musik haben. Nächst der Äbtissin ist sie für die Aufrechterhaltung der Klosterzucht verantwortlich und wird diese überhaupt vertreten, wenn sie sonst in Anspruch genommen ist." (in: Abaelard, ebenda, S. 289/290)

In anderen Frauenklöstern wurden die Tätigkeiten dieser Vorsängerin auf mehrere Nonnen verteilt. Da gab es neben der Gesanglehrerin noch die Büchermeisterin und die Schreibmeisterin.

Die Meßnerin oder Schatzmeisterin "wird über das Gotteshaus die Aufsicht führen; sie hat alle Schlüssel zu ihm in Verwahrung und überhaupt alles, was zum Gottesdienst gebraucht wird. Die anfallenden Opfergaben nimmt sie in Empfang; sie hat die Verantwortung für alles, was im Gotteshaus neu geschaffen oder wiederhergestellt werden soll. Auch die gesamte Ausschmückung der Kirche gehört zu ihren Obliegenheiten. Sie hat zu sorgen für die Hostien, die Gefäße, die Bücher auf dem Altar und überhaupt für den Altarschmuck, ferner für die Reliquien, den Weihrauch, für die Kerzen, die Uhr und das Glockenläuten." (in: Abaelard, ebenda, S. 288/289)

Obwohl von der Meßnerin erwartet wurde, daß sie besonders durch ihre Enthaltsamkeit und Keuschheit ihre Mitschwestern überragte, durfte sie die Reliquien, Altargefäße oder Altardecken nur berühren, wenn diese gereinigt werden mußten. Diese Reinigung jedoch war eine Zeremonie für sich. Die Meßnerin konnte zwar die Schränke, in denen die Kostbarkeiten verwahrt wurden, öffnen, aber nur Mönche und Laienbrüder besaßen das Recht, die heiligen Gegenstände aus den Schränken zu nehmen und nach der Reinigung, die natürlich die Nonnen vornahmen, wieder hineinzustellen.

Zudem hatte die Meßnerin wissenschaftlich gebildet zu sein. Schließlich mußte sie anhand des Mondlaufs berechnen können, wann die Gottesdienste je nach Sommer- und Winterzeit anzusetzen waren.

Die Krankenschwester hatte natürlich die Kranken zu versorgen. Dabei sollte sie auch etwas Erfahrung in der Heilkunde besitzen, zur Ader lassen können und darauf achten, daß in den Infirmarien die Gebetszeiten regelmäßig eingehalten wurden. Die Letzte Ölung dagegen durften nur geweihte Mönche ausführen. Und zwar mußten diese einer sterbenden Nonne das Sakrament hinter einem Bettschirm spenden. (Schließlich handelte es sich ja bei der Sterbenden um eine Frau!)

Die Kleiderverwalterin war für die gesamte Kleidung, das Bettzeug und das Schuhwerk verantwortlich. "Sie läßt die Schafe scheren und nimmt das Leder für das Schuhzeug in Empfang. Sie läßt Flachs und Wolle spinnen, stapelt sie auf und führt die Aufsicht in der Webstube. Nadel, Garn und Schere liefert sie jeder Schwester. Sie besorgt jegliches im Schlafsaal und gibt alle Bettstücke aus. Ebenso verwaltet sie die Tischtücher, Handtücher und überhaupt die ganze Wäsche; sie läßt zuschneiden, nähen und waschen ... Sie wird auch die Novizen betreuen, bis sie in die Gemeinschaft aufgenommen werden." (in: Abaelard, ebenda, S. 292/293)

Die Verwalterin "hat die Aufsicht über alles, was zur Verpflegung gehört, über den Keller, das Refektorium, die Küche, die Mühle, das Backhaus mit dem Backofen, über den Nutz- und Ziergarten und über die gesamte Ackerwirtschaft; sie sorgt auch für die Bienenvölker, alle Haustiere und das Geflügel. Bei ihr nimmt man in Empfang, was man zum Kochen braucht." (in: Abaelard, ebenda, S. 293)

Die Pförtnerin oder Türhüterin hatte neben der Verteilung von Essen und Kleidung an die Armen, "die Gäste oder irgendwelche fremden Besucher zu empfangen, sie hat sie anzumelden und an die entsprechende Stelle zu führen; die Versorgung der Gäste gehört ebenfalls zu ihren Obliegenheiten. Die Pförtnerin darf nicht jung sein und muß genug Urteil besitzen, um Rede zu stehen und Bescheid zu geben und zu entscheiden, wer überhaupt aufgenommen wird, wie er aufgenommen wird oder ob er abgewiesen werden soll ... Es ist die Pflicht der Pförtnerin, Unbefugten den Eintritt zu verwehren; sie hat auch dafür zu sorgen, daß keine aufregenden Neuigkeiten ins Kloster dringen und den klösterlichen Frieden stören; wenn es durch ihr Verschulden trotzdem geschieht, so hat sie die volle Verantwortung zu übernehmen." (in: Abaelard, ebenda, S. 294/295)

Bei den Zisterzienserinnen z.B. lebten im Kloster neben den Nonnen noch Novizinnen und Konversschwestern bzw. Konversinnen. Die Novizinnen waren an ihrer ärmellosen Kukulle und die Konversschwestern an ihrer braunen Tracht zu erkennen.

Die Konversschwestern, die aus dem Bauerntum und den unteren und mittleren Schichten der Stadtbevölkerung stammten, waren für die groben Alltagsarbeiten im Kloster zuständig. Sie mußten die körperlichen Arbeiten in der Küche, in der Wäscherei, in den Gärten, in der Weberei, in der Brauerei und z.T. auch auf den Feldern erledigen. Zusätzlich hatten sie die Pflicht, die Nonnen zu bedienen. Nach einem einjährigen Noviziat hatten sie zwar nur ein einfaches Gehorsamsversprechen vor der Äbtissin abzulegen, aber das bedeutete nicht, daß sie sich nicht auch an das Keuschheits- und Armutsgebot zu halten hatten. Von den vornehmen Nonnen lebten sie streng getrennt, bekamen in der Kirche ihre eigenen Plätze zugewiesen und durften weder am Nonnenkapitel, noch an den Äbtissinnenwahlen teilnehmen. Von den leitenden Klosterämtern wurden sie ebenfalls ausgeschlossen. Wegen der vielen körperlichen Tätigkeiten waren ihre religiösen Verpflichtungen natürlich geringer als bei den Nonnen.

Später wurden ihre Aufgaben von den Familiaren übernommen, die nun ganz auf eine Ordenstracht verzichtend in weltlichen Kleidern auf den Äckern des Klosters und als Handwerker und Händler für die Nonnen oder Mönche tätig waren. Sie gehörten in der Regel der leibeigenen Bauernschicht und dem städtischen Bürgertum an. Bei ihrem Eintritt mußten sie sich und ihr Vermögen dem Kloster übereignen und der Äbtissin oder dem Abt Gehorsam geloben. Alle von der Äbtissin angewiesenen Arbeiten mußten sie ausführen. Dafür wurden sie von dem Kloster dann auch bis zu ihrem Tode versorgt.

Über der Äbtissin stand im Zisterzienserinnenkloster noch der Weisungsabt oder pater immediatus. Er stammte aus dem benachbarten Männerkloster und wurde vom Generalkapitel zu dieser Aufgabe bestimmt. Im Frauenkloster besaß er maßgeblichen Einfluß sowohl auf dem geistlichen wie auf dem wirtschaftlichen Gebiet. Geistlich gesehen war er verantwortlich für die seelsorgerliche Betreuung der Nonnen. Außerdem bestimmte er die Höchstanzahl der Nonnen und Konversinnen im Kloster, bestätigte, vereidigte, investierte und weihte die neue Äbtissin, kontrollierte das Frauenkloster einmal im Jahr und vertrat die Interessen der Äbtissin auf dem Generalkapitel in Cîteaux, auf dem Frauen grundsätzlich keinen Zutritt hatten. Zudem wurde er rechtlich gesehen zum Unterschreiben und Bestätigen von wichtigen Urkunden benötigt, und wirtschaftlich reichte seine Macht soweit, daß er ohne Zustimmung der Äbtissin Besitzveränderungen und Finanzgeschäfte über den Kopf des Frauenklosters hinweg beschließen konnte.

Der Tagesablauf im Nonnenkloster verlief wie der im Mönchskloster, d.h. siebenmal am Tag wurden die Nonnen zum Gebet und Gottesdienst gerufen. Der Nachtgottesdienst erfolgte um 2 Uhr morgens, die Laudes fand um 4.27 Uhr (im Sommer) statt. Bis zur Prim, dem dritten Gottesdienst, wurde die Zeit zum Waschen, Lesen und Singen genutzt. Nach der Prim gab es einen leichten Imbiß, der aus Brot und Bier bestand. Danach begab man sich in den Kapitelsaal. Dort wurde das Datum bekanntgegeben, im Märtyrerbuch die Geschichte des Tagesheiligen vorgelesen und ein Abschnitt aus der Benediktregel vorgetragen, besprochen oder ausgelegt, oder die Äbtissin rügte Schwestern oder ordnete Neues an. Danach wurde gearbeitet: gesungen, gelesen, aus Büchern abgeschrieben, Handarbeiten verrichtet, leichte Gartenarbeit vollbracht oder Arzneien hergestellt. Die Terz unterbrach diese Tätigkeiten kurz. Nach der Sext wurde die morgendliche Arbeit beendet. Ein handfestes Essen folgte und dann mußte bis zur Non Mittagsruhe gehalten werden.

Bis zur Vesper ging man schließlich wieder der gewohnten Arbeit nach, und nachdem noch ein kleines Abendessen serviert worden war, folgte das Komplet, nach dem die Nonnen zu Bett zu gehen hatten.

Natürlich sollte den gesamten Tag und die Nacht über tiefstes Schweigen gewahrt werden. Samstags wurden vor dem Abendimbiß die Füße und Hände der Schwestern von der Äbtissin und den Schwestern des Küchendienstes gewaschen. Sonst verlief jeder Tag fast gleich!

Bedeutende Nonnen waren unter anderem Hildegard von Bingen und Roswitha von Gandersheim.

Hildegard von Bingen, die sich intensiv mit den Ursachen und den Behandlungen von Krankheiten beschäftigt hatte, wurde 1098 als jüngstes von 10 Kindern des Burggrafen Hildebert vom Schloß Bökelheim an der Nahe und seiner Ehefrau Mathilde geboren. Als kleines Kind war sie oft kränklich und sehr schwach. Mit acht Jahren übergaben ihre Eltern sie einem Benediktinerinnenkloster.

1147 bis zu ihrem Tode 1179 war sie schließlich auf dem Rupertsberge bei Bingen Äbtissin. Sie schaffte es als Frau, von der Kirche und auch von weltlichen Fürsten bei den schwierigsten Angelegenheiten zu Rate gezogen zu werden.

Neben Hildegard war wohl Roswitha von Gandersheim, die um 935 geboren wurde und nach 973 starb, die bekannteste Nonne im Mittelalter. Als erste deutsche Dichterin schrieb sie unter anderem ein Epos über Kaiser Otto I. Ihre Dichtungen wurden 1494 von dem Humanisten Konrad Celtis im Kloster St. Semmeran zu Regensburg entdeckt. Jedoch erst im Jahre 1501 erschienen sie, geschmückt mit Zeichnungen von Albrecht Dürer jun., im Druck und erfreuten sich sogleich eines von der Dichterin wahrscheinlich nie geahnten Erfolges.

Die Nonnenklöster waren jahrhundertelang oft die einzigen Stätten, in denen sich die weibliche Kreativität entfalten konnte. So traten sogar einige Frauen – wenn auch nur wenige – freiwillig ins Kloster ein, um ihren Wissensdurst zu stillen.

Viele literarisch produktive Humanistinnen wie Cecilia Gonzaga (1425-1451), Caterina da Bologna (1413-1463), Caterina Fieschi-Adorno (1447-1510), Caterina da Siena (1347-1380) und Cassandra Fedele (1465-1558) heirateten nicht oder nach dem Tode ihres Mannes nicht erneut und begaben sich in ein Kloster, um als Schriftstellerinnen tätig sein zu können.

Cassandra Fedele schrieb hier noch im Alter von 80 Jahren an ihrem Hauptwerk "De scientiarum ordine" (Über die Ordnung der Wissenschaften).

Wie die geistlichen Schwestern jedoch z.T. unter dem Keuschheitsgelübde litten, zeigt dieses alte Volkslied, das in den Mund einer Nonne gelegt wurde:

"Wie muß ich meine Zeit verschlüssen,
ich armes Kind,
ich muß von keinen Frewden (Freuden) wissen,
die weltlich sind:
Wie lieber möcht ich einen Knaben,
als eine grawe (graue) Kappen haben.
Pfy diesem Kleiyd vnnd (und) Nonnenleben,
hinweg mit dir,
mir ist kein Nonnen-Fleisch gegeben.
Ist niemand hier,
der mich auß diesem Joch auszspannt,
vnnd meinen frischen Leib bemannt?
Man hat mich Jung hierher getrieben,
ich war so schlecht (schlicht),
daß ich nicht wußte, was das Lieben,
was linck, was recht:
Nun mich die Jahre Mannbahr machen,
gedenck ich auch an Mannes-Sachen.
Mein Dencken ist in einen Orden,
da man sich küßt,
ich bin der Nonnen müde worden,
dann mich gelüst:
Ein Weib kann Gott so wol gefallen,
als aller Nonnen-Psalter lallen."

(in: Max Bauer, Liebesleben in deutscher Vergangenheit, Berlin 1924, S. 112)

Als Alternative zu den Klöstern boten sich für die adligen Frauen noch die Damenstifte an, in denen man im Gegensatz zum Kloster kein Gelübde der Armut und der lebenslänglichen Ehelosigkeit ablegen mußte. Für die reichen Patrizierinnen in den Städten gab es noch die Samungen, in denen die Frauen als Schwestern in vollkommener Gütergemeinschaft zusammenlebten. Sie wohnten mit ihren Dienerinnen in diesen Samungen, lasen und kopierten geistliche Texte und handarbeiteten. Obwohl sie kein Keuschheitsgelübde ablegen mußten, hatten sie die Anstalt zu verlassen, wenn sie sich mit einem Mann eingelassen hatten oder wollten. Einige reiche Bürgerinnen bildeten auch mit zwei oder mehreren Gleichgesinnten eine Frauengemeinschaft, in der jedes Mitglied sein mitgebrachtes Vermögen behielt, alle jedoch gemeinsam den Haushalt bestritten.


Lesetipps:
  • Bühler, Johannes: Klosterleben im Mittelalter. Frankfurt a. M. 1989 (sehr gut!)
  • Kuhn-Rehfus, Maren: Zisterzienserinnen in Deutschland, S. 125-147, in: Die Zisterzienser, Ordensleben zwischen Ideal und Wirklichkeit, Katalog zur Ausstellung des Landschaftsverbandes Rheinland, Rheinisches Museum. Brauweiler, Köln 1981
  • Reihs-Kirsch, Sigrid: Die Diskriminierung von Frauen in der Theologie, S. 213-224, in: Lila Schwarzbuch – Zur Diskriminierung von Frauen in der Wissenschaft, hrsg. von Anne Schlüter und Annette Kuhn. Düsseldorf 1986

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