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Alltagsgeschichte des Mittelalters

VIII. 1. Die Rechtsbücher

Im alten Germanien herrschte das ungeschriebene Gewohnheitsrecht, das von Generation zu Generation mündlich weitergegeben wurde. Die frühesten schriftlichen Rechte sind die Lex Salica (das fränkische Recht), aus den Jahren 507 bis 511, die Lex Baiuvariorum (das Recht der Bayern), aus den Jahren 730 bis 744, und die Lex Ribuaria (das Recht der ribuarischen Franken), aus den Jahren 743 bis 751. Im 13. Jh. wurde das bedeutendste und einflußreichste Rechtsbuch des deutschen Mittelalters, der Sachsenspiegel, verfaßt, der in manchen Teilen Deutschlands bis um 1900 angewandt und selbst in den Niederlanden, in Polen und in Rußland bei Rechtsproblemen zur Entscheidungsgrundlage herangezogen wurde. Ihr Verfasser, Eike von Repgow, hatte den Sachsenspiegel, der Land- und Lehnsrecht enthält, zunächst in Latein (1227/1228) und später unter Widmung an seinen Lehnsherrn, Graf Hoyer von Falkenstein, in Deutsch (vor 1230/1231) geschrieben. Für Leseunkundige ließ er die Rechte zudem in Form von Bildern darstellen.

Das weniger bedeutende, süddeutsche Gegenstück zum Sachsenspiegel war das kaiserliche Land- und Lehnsrecht, das bei uns fälschlicherweise unter der Bezeichnung "Schwabenspiegel" bekannt wurde. Diese Rechtssammlung wurde 1274/1275 von einem Augsburger Franziskanermönch verfaßt.

Seit dem 12. Jh. bürgerte sich in Deutschland allmählich das römische Recht ein, dem es im 15. Jh. gelang, das deutsche Recht fast völlig zu verdrängen. Nach dem römischen Recht hatten die klagenden Parteien bei Rechtsstreitigkeiten einen Anwalt zu nehmen, und außerdem mußte jedes Verfahren schriftlich abgewickelt werden. Zudem war das Geständnis des Angeklagten für eine Verurteilung notwendig; eine Verurteilung auf Grund von Indizien wie bisher reichte nicht mehr aus. Damit man zu diesen geforderten Eigengeständnissen kam, ließen die Richter immer häufiger die Folterung zu. So wurde mit der Einführung des römischen Rechtes auch das Folterwesen vorangetrieben.


Lesetipps:
  • Kroeschell, Karl: Deutsche Rechtsgeschichte 1 (bis 1250). Hamburg 1976 (3. Auflage)
  • Lassberg, F.: Der Schwabenspiegel nach einer Handschrift vom Jahr 1287. Tübingen 1840
  • Sachsenspiegel, hrsg. von Karl August Eckhardt. Göttingen, Berlin, Frankfurt a. M. 1955 (2. Auflage)
  • Der Sachsenspiegel in Bildern, ausgewählt und erläutert von Walter Koschorreck. Frankfurt a. M. 1988 (8. Auflage)

als Buch
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