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Alltagsgeschichte des Mittelalters

III. 2.9. Das Ende des Rittertums

Aber der Glanz und die Pracht, die das Rittertum im 12. und 13. Jh. umgaben, gingen im 14. und 15. Jh. verloren. Durch die Kreuzzüge waren viele Ritter völlig verarmt und versuchten durch Raub und Überfälle ihren alten Lebensstandard halten zu können. Weder der König noch die Kirche benötigten weiterhin ihre Kampfkraft. Die Herrscher hatten ihre Söldnerheere, die sie in den Krieg schicken konnten, und die Geistlichkeit gab endlich ihre Kreuzzugsgedanken auf und war deshalb auch nicht mehr an den "Soldaten Gottes" interessiert. Mit welchen Nöten und Problemen das ritterliche Leben gegen Ende des Mittelalters konfrontiert wurde, beschrieb der Ritter Ulrich von Hutten in einem Brief, den er 1518 an den Nürnberger Patrizier Willibald Pirckheimer sandte:
"In den Städten könnt ihr nicht nur friedlich, sondern auch bequem leben, wenn ihr es euch vornehmt. Aber glaubst Du, daß ich unter meinen Rittern jemals Ruhe finden werde? Und hast Du vergessen, welche Störungen und Aufregungen die Menschen in unserem Stand ausgesetzt sind? Glaube das nicht und vergleiche nicht Dein Leben mit meinem! Um uns steht es so, daß mir die Zeitläufte keine Ruhe ließen, sogar wenn ich ein höchst ansehnliches Erbe besäße und von meinen Einkünften leben könnte. Man lebt auf dem Feld, im Wald und in den bekannten Burgen auf dem Berg. Die uns ernähren, sind bettelarme Bauern, denen wir unsere Äcker, Weinberge, Wiesen und Wälder verpachten. Der einkommende Ertrag ist, gemessen an der aufgewandten Mühe, geringfügig; aber man sorgt und plagt sich sehr, daß er großmächtig werde. Denn wir müssen höchst sorgsame Hausväter sein.

Sodann müssen wir uns in den Dienst eines Fürsten stellen, von dem wir Schutz erhoffen. Wenn ich das nicht tue, glaubt jeder, er könne sich alles gegen mich erlauben. Aber auch wenn ich es tue, ist diese Hoffnung täglich mit Gefahr und Furcht verbunden. Gehe ich nämlich von Hause fort, so muß ich fürchten auf Leute zu stoßen, mit denen der Fürst, wie bedeutend er auch sein mag, Fehde oder Krieg führt und die mich seinetwegen anfallen und wegschleppen. Wenn es dann mein Unglück will, geht leicht mein halbes Vermögen als Lösegeld darauf, und so droht eben von dorther ein Angriff, von wo ich Abwehr erhoffte. Deswegen halten wir uns Pferde und Waffen und umgeben uns mit zahlreichem Gefolge, alles unter großen und spürbaren Kosten. Unterdessen gehen wir nicht einmal im Umkreis von zwei Joch ohne Waffen aus. Kein Dorf können wir unbewaffnet besuchen, auf Jagd und Fischfang nur in Eisen gehen. Außerdem entstehen häufig Streitigkeiten zwischen fremden Meiern und unseren; kein Tag vergeht, an dem uns nicht ein Zank hinterbracht wird, den wir dann möglichst vorsichtig beilegen müssen. Denn sobald ich zu eigensinnig das Meine behaupte oder Unrecht ahnde, gibt es Krieg. Wenn ich aber zu sanftmütig nachgebe oder etwas vom Meinen preisgebe, bin ich sofort den Rechtsbrüchen aller anderen ausgeliefert, denn dann will jeder als Beute für sein Unrecht haben, was dem einen zugestanden wurde. Doch unter welchen Menschen geschieht dies? Nicht unter Fremden, mein Freund, nein, zwischen Nachbarn, Verwandten und Angehörigen, ja sogar unter Brüdern. Das sind unsere ländlichen Freuden, das ist unsere Muße und Stille!" (in: Arno Borst, Lebensformen im Mittelalter, Frankfurt a. Main, Berlin 1985, S. 173/174)


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